Mittwoch, 30. Dezember 2009

Thekentänzer (22)

Mann und Frau

Tonja: Ist irgendwas?
André: Was soll denn sein.
Tonja: Irgendwas ist doch.
André: Gar nichts ist.
Tonja: Warum kuckst du denn schon wieder so sauer?
André: Ich kucke sauer?
Tonja: Ja, sauer.
André: Ich kucke nicht sauer. Ich habe einen harten Tag hinter mir.
Tonja: Ich auch.
André: Was soll das überhaupt heißen, "sauer"?
Tonja: Na, sauer eben.
André: Zitronen sind sauer, junge Trauben. Geht es vielleicht ein bisschen präziser?
Tonja: Jetzt gibt er schon wieder den Oberlehrer.
André: Es gibt keine Oberlehrer mehr. Und wer ist überhaupt "er"?
Tonja: Na, du halt.
André: Dann sag doch auch "Du", wenn du mit mir über mich redest.
Tonja: Ich rede gar nicht über dich. Aber du. Du redest schon wieder über dich.
André: Ich dachte, ich habe sauer gekuckt.
Tonja: Hast du auch. Aber über mich.
André: Was?
Tonja: Sauer über mich. So war es doch.
André: Aha. Um dich soll es also wieder gehen. Immer verdreht sie einem das Wort im Mund.
Tonja: Jetzt hast du auch "sie" gesagt.
André: Na und. Du doch auch.
Tonja: Nein, "er". Nicht "sie".
André: Du willst diesen deinen von dir gestarteten Disput ins Lächerliche ziehen.
Tonja: Du hast damit angefangen.
André: Und was meinst du mit "schon wieder"?
Tonja: Was?
André: "Schon wieder" hast du gesagt. Ich würde "schon wieder" so sauer kucken.
Tonja: Hast du auch.
André: Und auch noch "schon wieder", was?
Tonja: Das erste Mal wars jedenfalls nicht.
André: Seit wann?
Tonja: Sagen wir, seit heute morgen.
André: Heute morgen bin ich um Sieben aus dem Haus.
Tonja: Und hast sauer gekuckt.
André: Ja, warum wohl.
Tonja: Weil dein Ei zu hart war?
André: Quatsch!
Tonja: Weil der Kaffee zu dünn war?
André: Quatsch!
Tonja: Warum dann?
André: Gar nicht. Ich habe nicht sauer gekuckt, und wenn ich dieses schwammige Wort noch einmal höre, werde ich stink...
Tonja: Come on, come on!
André: ...wütend.
Tonja: Ich bin auch wütend.
André: Nein, du bist sauer. Zu dir passt das.
Tonja: Jetzt wirst du ausfallend.
André: Aha. Endlich mal ein klares Wort.
Tonja: Ausfallend. Weil du das nicht hören willst.
André: Was nicht hören?
Tonja: Daß ich wütend bin. Und warum.
André: Red nicht so laut.
Tonja: Ich rede so laut ich will.
André: Das hört doch jeder.
Tonja: Na und, kann auch jeder hören.
André: Noch ein lautes Wort, und ich gehe.
Tonja: Geh doch. Du bist ja verklemmt.
André: Da haben wirs wieder.
Tonja: Du bist wie dein Vater.
André: Die alte Leier.
Tonja: Wie dein Vater.
André: Such dir doch einen anderen.
Tonja: Das sagst du immer.
André: Und du machst es nie.
Tonja: Ich mach´s, sobald ich nicht mehr wütend bin.
André: Sehr gut.
Tonja: Wieso?
André: Dann muss ich dich halt wütend halten.
Tonja: Du willst meine Gefühle lächerlich machen.
André: Du interessierst dich für meine noch nicht einmal.
Tonja: Das stimmt nicht.
André: Stimmt wohl.
Tonja: Ich habe dich gefragt.
André: Ob ich sauer bin, hast du gefragt.
Tonja: Eben. Und ob irgendwas ist.
André: Ist das schon Interesse?
Tonja: Findest du mich nicht mehr hübsch?
André: Werd jetzt nur nicht hysterisch.
Tonja: Ich finde dich nicht mehr attraktiv.
André: Dann such dir doch einen anderen.
Tonja: Die meiste Zeit, meine ich.
André: Was?
Tonja: Wenn du so beleidigt durch die Gegend guckst.
André: Hauptsache, ich bin hässlich.
Tonja: Das habe ich nicht gesagt.
André: Was ist denn sonst das Gegenteil von "hübsch"?
Tonja: Ich liebe dich.
André: Danke, Schatz, ich dich auch.
Tonja: Ich meine das ernst.
André: Danke, Schatz. Überleg dirs noch mal.
Tonja: Du willst dieses Gespräch abbrechen?
André: Ja.
Tonja: Siehst du, genau das meine ich.
André: Du warst schon immer hartnäckig.
Tonja: Du kennst mich.
André: Oh Gott, ja.
Tonja: Jetzt bleib doch mal für eine Sekunde ernst.
André: Einundzwanzig.
Tonja: Du bist doch schon wieder betrunken.
André: Was soll man auch sonst tun.
Tonja: Dann wirst du immer so.
André: Wie?
Tonja: So albern und selbstmitleidig.
André: Ich bin nicht betrunken.
Tonja: Du müsstest dich sehen.
André: Du wirst auch immer so.
Tonja: Wie?
André: Dass du über alles quatschen willst.
Tonja: Genau das meine ich.
André: Hä?
Tonja: Dass du alles ins Lächerliche ziehst.
André: Hä?
Tonja: Dass man mit dir über nichts reden kann.
André: Hä?
Tonja: Okay, lassen wirs.
André: Was lassen?
Tonja: Dieses Gespräch.
André: Gespräch?
Tonja: Du hast es zu dem gemacht, was es wurde.
André: Ich habe es nicht gewollt.
Tonja: Was?
André: Das Gespräch natürlich.
Tonja: Also lassen wirs.
André: Wenn du es genau wissen willst.
Tonja: Will ich.
André: Ich habe eine andere.
Tonja: Glaube ich nicht.
André: Stimmt auch nicht.
Tonja: Also hören wir jetzt endlich auf.
André: Wir haben doch gerade erst angefangen.
Tonja: Wir haben noch nicht mal angefangen.
André: Sollen wir uns lieben?
Tonja: Heute nicht.
André: Hilft doch immer.
Tonja: Und morgen früh?
André: Bin ich nicht sauer.
Tonja: Glaubst du doch selbst nicht.
André: Erst morgen abend wieder.
Tonja: Ich finde dich nicht witzig.
André: Du hast keinen Humor.
Tonja: Es gibt Leute, die sehen das anders.
André: Dann geh doch zu denen.
Tonja: Schluß jetzt.
André: Schluß.
Tonja: Schluß.
André: Kuß und Schluß.
Tonja: Du kannst mich mal.
André: Wo gehst du hin?
Tonja: Nach Hause.
André: Ist nicht dein Ernst.
Tonja: Zahlst du meins mit?
André: Du bleibst hier!
Tonja: Sagst du?
André: Sage ich!
Tonja: Ich wäre gegangen.
André: Du und der Konjunktiv.
Tonja: Wenn ich gewollt hätte.
André: Spielchen.
Tonja: Dein Spielchen.
André: Vorbei.
Tonja: Schade!
André: Zu billig.
Tonja: Da ist er wieder, der Herr Oberlehrer.
André: Verletzen aus Verletztheit.
Tonja: Such dir doch eine andere.
André: Ich halte die Augen offen.
Tonja: Auf der Arbeit?
André: Ich komme viel rum.
Tonja: Oh Mann!
André: Oh Frau!
Tonja: Wir sehen uns.
André: Du haust mal wieder ab?
Tonja: Endgültig!
André: Geh doch.
Tonja: Bleibst du noch?
André: Was wäre dir denn lieber?
Tonja: Dass du mitkommst.
André: Wieso?
Tonja: Weiß ich nicht.
André: Dann geh alleine.
Tonja: Mach ich auch!
André: Ich dachte.
Tonja: Gar nichts hast du mir zu sagen.
André: Hab ich doch auch gar nicht.
Tonja: Hast du wohl. Nur zuhören kannst du nicht.
André: Ich will mir Mühe geben.
Tonja: Das sagst du immer.
André: Nicht immer. Jetzt!
Tonja: Jetzt?
André: Ja, nur frei heraus.
Tonja: Na gut.
André: Na also?
Tonja: Ist irgendwas?
André: Was soll denn sein?


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Mittwoch, 23. Dezember 2009

Coloniales (27)

Jakob und die Renaissance

Die Kölner Architekturgeschichte wird in erster Linie durch den gotischen Dom und die romanischen Kirchen geprägt. Aber auch die Renaissance hat hier ihre Spuren hinterlassen, etwa in Form der Rathauslaube oder des Lettners von St. Maria im Kapitol. Um ein komplettes Renaissance-Gebäude handelt es sich beim Haus Bachem – laut manchen Quellen „Im Bachen“ – an der Ecke Großer Griechenmarkt und Bachemstraße. Wie die Maueranker unter dem prächtigen Doppelgiebel ausweisen, stammt es aus dem Jahr 1590. Ursprünglich soll hier der Hof eines erzbischöflichen Kämmerers namens von Bachem gelegen haben. Spätestens im 19. Jahrhundert, das ist belegt, übernahmen dann die Brauer das Zepter. Möglicherweise trat irgendwann in den 1820er oder früher 1830er Jahren ein kleiner Cellist namens Jakob hier auf, der mit seinen Eltern gleich nebenan am Großen Griechenmarkt wohnte und dort auch 1819 geboren worden war. Dass er bereits in frühem Alter in Gasthäusern musizierte, ist bekannt, denn der kleine kölsche Junge mauserte sich zu einem berühmten Komponisten. Weil er nach Frankreich ging, wurde aus Jakob Jacques. Sein Nachname, Offenbach, blieb. Seit
Die Brauerei-Tradition in Haus Bachem endete 1880, und historische Fotos belegen, dass das Gebäude in den Folgejahren zusehends verfiel. Wie durch ein Wunder jedoch war es in weitem Umkreis das einzige, das die Bombardements und Feuersbrünste des Zweiten Weltkriegs nahezu unbeschadet überstand. Erhalten blieb auch das sogenannte Hangstüffje, die ins hohe Erdgeschoss eingehängte Kammer, wie sie sich etwa auch im Brauhaus Im Walfisch (Salzgasse 13, von 1626) findet. Dort in der Altstadt hört man auch das frisch renovierte Glockenspiel des Rathausturms. Täglich um 18 Uhr serviert es ein Potpourri mit Melodien Jacques Offenbachs, darunter die „Barkarole“ aus „Die Rheinnixen“, der „Cancan“ aus „Pariser Leben“, der „Galopp infernal“ aus „Orpheus in der Unterwelt“ und „Klein Zack“ aus „Hoffmanns Erzählungen“.


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Mittwoch, 16. Dezember 2009

Thekentänzer (21)

Hansis Hund

Mal mit dem Hund raus will er, der Hansi, aber da hat er schon die Neige der Kornflasche intus.
„Mach das, Hansi“, sagt Marlene, „Bangie freut sich.“ Und dann schiebt sie ab ins Wohnzimmer mit ihrem Rollstuhl, vor den Fernseher, nebens Sofa, neben Hansis jetzt leeren Platz an der Armlehne, ein Knopfdruck ein anderes Programm eine Richter-Serie Marlene schüttelt den Kopf.
„Na komm schon, du krummer Hund.“
Bangie wedelt mit dem Schwanz und pisst vor Freude auf den Läufer im Flur. Hansi hebt ihn auf, den Läufer, hängt ihn zum Trocknen an den üblichen Garderobenhaken. Die Pfütze auf den alten Dielen, diese Mühe, die ihm das bereitet, dieses Gefühl des Ungenügens und vage Erinnerungen an systematische Säuberung. Dann lieber alles verschwimmen lassen, die Brühe am Boden im Kopf vor den Augen. Alles verschwimmen lassen, Auflösung, Wohlgefallen am überwundenen Gewissen. Ein kurzer Blick um die Ecke noch, ins Wohnzimmer hinein, verstohlen voll Liebe: „Also, Schätzchen, mach´s gut, mein Schätzchen, ich erzähl dir nachher.“
Keine Frage, dass Hansi die Pipeline ansteuert. Keine Frage, dass er zunächst einen Umweg nimmt, der Vorfreude wegen. Zum Fluß runter, an der Touristeninfo entlang – Bötchentouren, Dreiviertelhosen und Brillen an Halsbändern. Gesehenwerden: Guck da, der Hansi, führt den Hund aus der Hansi, den Bangie, ja das ist ein Pärchen, die zwei. Das sind man welche die Marlene im Rollstuhl was willst du dran machen das Bein musste ab. Vom Marktplatz runter in südlicher Richtung, die Fußgängerzone, Geschäfte und Neon. Da möchte ich nicht wohnen, sagt Marlene immer, was haben wirs gut hier am Rand, dieses Rauschen der Krach meine Nerven.
Weit weg ist der Hansi nun schon, hüpfenden Herzens. Das ist das Verschwimmen, Verströmen, das Loslassen. Diebische Freude, Vorfreude, die Sprüche der Jungs und von Susi, der Wirtin. Die Sprüche vorm Klo, an den Wänden, was haben wir hier nicht schon alles zusammen erlebt und geschrieben. Das waren doch wir, nicht, das haben doch wir über all die Jahre ich weiß noch, das war doch, „OB-Team – In der Regel sind wir voll.“
„Der Hansi“, sagt Susi, Sonne und Mond. „Der Hansi, ja da freu ich mich aber.“


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Mittwoch, 9. Dezember 2009

Thekentänzer (20)

Der kleine Heinz und der dicke Heinz

Der kleine Heinz und der dicke Heinz saßen zusammen an der Theke ihres Stammlokals.
„Du bist also der kleine Heinz“, sagte der dicke Heinz nach geraumer Zeit gegenseitigen Schweigens.
„Und du bist der dicke“, folgerte der kleine Heinz, und: „So dick bist du eigentlich gar nicht“, zog er nach, um dem unglaublich dicken Heinz ein wenig zu schmeicheln.
„Und du auch eigentlich gar nicht so klein“, gab der dicke Heinz unter Missachtung der Tatsache zurück, dass der kleine Heinz auf einem viel höheren Barhocker saß als er selbst.
Nach dieser kurzen Vorstellung schwiegen die beiden Heinze erstmal wieder ein Weilchen. Denn eigentlich kannten sie sich gar nicht wirklich. Zwar war dies ihre gemeinsame Stammkneipe, aber erobert hatten die beiden sie aus ganz verschiedenen Richtungen. So war der kleine Heinz ein Zugezogener, der Dicke hingegen gegenüber dem Lokal aufgewachsen. Damals hatte der Laden noch „Bei Erika“ geheißen.
„Eigentlich ist der Name Heinz so um 1970 ausgestorben“, nahm der dicke Heinz den zwischenzeitlich beiseitegelegten Faden wieder auf. Und: „Hab ich gelesen“, fuhr er fort, nachdem sich des kleinen Heinz´ Reaktion auf einen leeren Seitenblick bei erhobenem Glas beschränkt hatte. „Ich habe mich da mal informiert.“
„Hast du ein Problem?“ fragte der kleine Heinz nun, und nachdem der dicke Heinz verlegen auf seine Plauze geschielt hatte: „Mit dem Namen, meine ich.“
„Gefällt dir das? Der kleine Heinz zu sein?“
„Ich bin nicht der kleine Heinz“, sagte der kleine Heinz sehr bestimmt, um sich sodann wieder seinem Glas zuzuwenden. Er schien die Richtung dieses Gesprächs auf keine Art nehmen zu wollen.
Tatsächlich hatte den kleinen Heinz niemand je den kleinen Heinz gerufen, bevor er hier verkehrte. Erst hier, und nachdem er das Stammpublikum des Ladens kennengelernt hatte, war ihm dieses Adjektiv zugewachsen. Kein anderer Grund hatte dazu geführt als jener, den kleinen vom altbekannten dicken Heinz zu unterscheiden.
„Mein Opa hieß Heinz“, sagte der dicke Heinz. „Bei uns in der Familie kriegen alle die Vornamen ihrer Großeltern.“ Er sah ein bisschen traurig aus bei dieser Mitteilung. „Wie war das denn bei dir beim ersten Mal?“
Der ungläubige Blick des kleinen Heinz ließ den dicken seine Frage präzisieren: „Na, als dir zum ersten Mal wirklich klar wurde, dass du Heinz heißt.“
„Wir sind alle Heinze“, antwortete der kleine Heinz.
„Was?“
„Meine Mutter war eine Heinz, mein Vater war ein Heinz. Die kommen aus Nachbardörfern, die haben dann geheiratet, und dann haben die mich eben Heinz genannt.“
„Heinz?“ stotterte der Dicke.
„Heinz Heinz, genau“, nahm ihm der kleine Heinz die Scheu. „Ich heiße Heinz Heinz.“


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Mittwoch, 2. Dezember 2009

Straßenkämpfer (9)

Oriental mag er nicht

„Ein Taxi, bitte“, sagt die Prostituierte vom Militärring.
Sie ist klein, geradezu winzig, wie die Turnerinnen aus dem alten Ostblock. Über dem lila Minirock trägt sie eine beige Daunenjacke, darunter weiße Strumpfhosen. Ihre Hände sind blau. Hier draußen regiert die Bulgarenmafia den Straßenstrich, sagt man.
Die Tankstellenfrau greift zum Handy, während die Mutter am Stehtisch ihr Kind abzulenken versucht.
„Willst du ein bisschen Senf bei das Würstchen?“, fragt sie.
Aber die Tochter reagiert nicht, starrt die blauen Hände und den lila Rock an. Das Würstchenglas schwitzt, die Brötchen sind aus, die Ofenklappen lappen nach vorn. Nachdem das Taxi bestellt ist, geht die kleine Prostituierte zur hintersten Wand. Legt die Hände zusammen und stellt sich vor das zimmerhohe Kühlfach mit den Bierbüchsen und Colaflaschen. Neonleuchten wirken immer zugleich grell und zwielichtig.
„Jetzt iss auch! Das wird sonst kalt, das Würstchen.“
„Ich hab aber keinen Hunger.“
„Ganz plötzlich, oder wie!“
Die Mutter, keine Dreißig, schaut empört auf das Kind herab. „Na, gib her“, sagt sie dann. Das Würstchen ist schnell vertilgt.
Der Mann, der die ganze Zeit vor den Zeitungen stand, wechselt jetzt zum nächsten Regal. Unter der beigen Daunenjacke wölbt sich absolut nichts, und es gibt noch deutlich kürzere Röcke.
„Ungarische haben Sie nicht?“
„Was?“, fragt die Tankstellenfrau.
„Chips“, sagt der Mann.
„Ach so“, sagt sie und kommt hinter der Theke hervor. „Probieren Sie doch mal die Oriental von Funny Frisch, die sind wirklich gut.“
„Die mag ich aber nicht“, sagt der Mann. Er grinst jetzt, wahrscheinlich schämt er sich ein bisschen.
„Was Chips angeht, bin ich aber auch sehr wählerisch“, sagt die Tankstellenfrau. „Am besten gehen Sie vorn zum Kiosk.“
„Da war ich schon“, sagt der Mann. Zwischen den aufgestellten Kragenspitzen des Mantels schweift sein Blick noch einmal durch den Raum, dann dreht er sich zur Tür.
„Tuste mir noch nen Kaffee, Hilde?“, sagt die Mutter vom Stehtisch. „Den brauch ich einfach nach sonem Würstchen.“
Die Tür geht auf, jemand will sein getanktes Benzin bezahlen. Direkt hinter ihm quietschen Reifen. Das Taxi ist da.


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