Mittwoch, 25. Januar 2012

Aphorismen (1)

A wie Angst und Abenteuer


Abenteuer

Wer die Sonne putzen will, muss erstmal mit der Platte anfangen.


Schönheit

Kleine Fehler sind die Löcher, durch die wahre Schönheit strahlen kann. Makellosigkeit hingegen gleißt wie eine Neonröhre.


Kotzen

Man hat sich abgefüllt, aber nicht anständig verkorkt.


Stoff

Verfilmt wird nicht das Buch, sondern der Stoff. Und aus dem kann man ein Buch weben oder einen Film.


Angst und Furcht

Angst ist Trans-, Furcht Inspiration.


Kopflose Jugend

Künftige Kopflinde:


Erwachsene Kopflinde:



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Mittwoch, 18. Januar 2012

Thekentänzer (52)

Knatschen und Knutschen

Ramonas Hund ist gestorben. Der war alt, aber seitdem sitzt sie jeden zweiten Tag hier. "Den Gin mindestens halbe-halbe zum Tonic", sagt sie immer.
Damit die Dunkelheit da draußen nicht so grell wirkt, sind die Lichter bis zum Anschlag heruntergedimmt. Eine deutsche Band singt, dass sie "nicht nach Berlin" will, und am Kicker kurbeln zwei junge Studenten.
"Ich arbeite ja jetzt seit sechs Wochen an der Tanke", sagt Ramona. "Für den Bono war das schomma ganix, ich kam ja kaum noch raus mit dem."
Ihre verlängerten Fingernägel schimmern grau-silbrig, ihr verlängertes Haar goldig-blond.
"Der Chef da ist Grieche, der sagt, ich soll mir ein Kopftuch anziehen, wenn ich die scheiß Brötchen ausm Ofen hole. So ein Spießer ist das, glaubst du?!"
Ramona ist groß, früher hat sie mal Handball gespielt. Sie hat ihre Ärmel hochgekrempelt und die Ellbogen auf die Theke gestützt.
"Mach der Frau mal nochn Gin Ti", sagt der, der seinen Deckel auf Mick hat machen lassen. Dann geht er breitbeinig zu ihr rüber, in die Nische am Fenster.
"Meine Kumpels nennen mich Mick", sagt er.
Auch mir hat er sich so vorgestellt, und dann hinzugefügt: "... Mick, und was die Frauen an mir mögen, reimt sich drauf."
Ramona schüttelt nur leicht den Kopf, also bleibt Mick bei ihr.
"Ich mariniere mir meine Mandeln seit zwanzig Jahren mit rotem Genever. Und jetzt tuste mir noch einen, aber bisschen kälter als der letzte. Die haben hier keinen kalten Genever, Lady, aber gerade den roten musst du richtig eiskalt trinken, weißt du."
Mick trägt eine Fönmatte und das Hemd zwei Knöpfe zu weit offen. Das Wort "marinieren" hat er versucht, besonders hochdeutsch auszusprechen. Er ist braungebrannt und kräftig, Dummheit und Selbstbewusstsein halten sich bei ihm ungefähr die Waage. Wie das halt so ist.
"Ich bin ene kölsche Kraat, weißte. In Seeberg kennt mich jeder."
"Mich nicht", sagt Ramona, und zu mir gewandt: "Der Grieche sagt auch immer, ich soll mir die Fingernägel schneiden. Und klar, dabei glotzt der mir dreist auf die Tittenichfändgutderwärauchpleitewieseinscheißland."
Mick verzieht das Gesicht wie jemand, der große Schmerzen hat. Oder wie einer, der sich plötzlich eine Nummer zu klein fühlt. Eigentlich sieht er aus wie ein Grieche. Ein paar Genever später erzählt er von einer Prügelei, bei der er zwei Gegner ausgeknockt hat. Und von früher, vom Mopedsklauen, "sone Möhre hab ich an, bevor n anderer überhaupt dat Zündschloss findet, Alter". Als er auf die Schweine zu sprechen kommt, die seinen Hund vergiftet haben, hat er Ramona endlich rum. Erst knatschen, dann knutschen, wie das eben so ist. Und als Ramona dann mit ihren großen Händen seine Wangen umfasst und die Finger lang über Micks Gesicht streckt, kann ich mir mal in Ruhe ihre Nägel betrachten. Irgendwie süß, dass auf jedem von ihnen ein kleiner, putziger Welpe klebt.

Zwischen Männern und Frauen wirkt eine gottgegebene Anziehungskraft

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Mittwoch, 11. Januar 2012

Fränki (5)

Freibier für den Bundespräsidenten

Wenn so ein bescheuerter Politiker plötzlich Bundespräsident ist, dann wird der ja auch direkt zum kompletten Idioten. So zum Wattefuß eben, steinalt und völlig verblödet. Genauso wie dieser Wulff, wie der sich dann schon überall hinstellt. Einerseits sich sone zutätowierte Ische anlachen, die auch noch 50 Jahre jünger ist wie der. Aber andererseits auf nem Empfang rumstehen wien alter Penner, der sich in die Hose geschissen hat.
Hängende Schultern, als würd er schwer tragen an seinem Drecksamt.
Und so vollkommen verblödet abgrinsen, als wär son Präsident eben unglaublich göttlich und nur aus Versehen hier unten bei den kleinen Deppenmenschen, die so simple Dinge machen wie Geld spenden oder verhungern oder so.
Oder dass der dann einen Fußball in die Hand bekommt und so tut, als würd er sich freuen wien kleiner Junge. So: Kuckma, Mama, die lieben Menschen hier haben mir einen Fußball geschenkt. Sich freuen wie die älteste Schwarte der Welt, die sich an ihre Jungszeit erinnert. So: Bettina, mein zutätowiertes Häschen, jetzt pass mal auf, was der Christian mit seinen 110 verschissenen Jahren noch alles kann. Eigentlich ist Fußball ein Spiel für Vollpfosten, aber ich bin ja der Präsident von Deutschland und wegen ner voll guten Sache hier. So, Einweihung von nem neuen Soldatenfriedhof oder so.
Und dann kickt er den scheiß Ball eben auch komplett ungeschickt mit der Picke gegen die nächste Urne oder so.
Der Wulff, das is so richtig fremdschämen, so richtig Nullgesicht und fremdschämen. Und jetzt bescheißt der uns auch noch mit Geld. Wenn der sein hässliches Reihenhaus bei der Stadtsparkasse finanziert hätte, hätte ich von dem seinen Zinsen was abbekommen. Stattdessen kriegt der alles vom nächsten Millionär oder dem seiner gelifteten Schabracke. Das wär so, als würd ich hier bei dem Wirt alles umsonst saufen, nur weil ich der berühmte Fränki Kattwinkel ausm Holzzuschnitt vom Baumarkt bin. Voll der Betrüger wär ich da, obwohl ...
Ich würd das schon annehmen, und der würde ja dann auch von meiner Prominenz profitieren. Und allen sagen, so, kuckt mal, Leute, dahinten sitzt der Fränki. Der is voll berühmt und so, der präziseste Holzzuschneider von ganz Köln. Bei dem kannst du Sperrholz und Leimholz und Vollholz in allen Größen kriegen. Und auch Arbeitsplatten für deine Küche und so, alles aufn Millimeter.
Und dann sitz ich also da auf meinem Lieblingshocker und trinke mein wohlverdientes Freibier, und früher oder später fährt dann bestimmt auch irgendne Ische auf mich ab. Voll jung und so, und mit nem Spinnentattoo auf der komplett nackten Schulter. Ich schätze sogar, eher früher als später. Wer kann schon wissen, wo sowas dann womöglich noch hinführt. Ich trau mir schon zu, son Bundespräsident zu sein. Und bisschen den Ball kicken tu ich dann notfalls auch mal für mein Volk.

Es geht ja nicht immer nur ums Geld



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Fränki: Roman v. B. Imgrund, Emons Verlag, www.amazon.de/FRÄNKI-Bernd-Imgrund/dp/3897055481/ref=sr_1_4?s=books&ie=UTF8&qid=1326114386&sr=1-4

Mittwoch, 4. Januar 2012


Coloniales (31)

Die kölsch-kurdische Antwort auf alle Fragen

In Douglas Adams´ Romanreihe „Per Anhalter durch die Galaxis“ wird die Frage nach dem Sinn des Lebens scheinbar eindeutig beantwortet: 42.
„Deep Thought“, der geniale Computer, benötigte 7,5 Millionen Jahre, um diesen Wert zu berechnen. Zweifel waren also von Anfang an angebracht. Dennoch machte die 42 Karriere. Die gruselige 80er-Band Level 42 borgte sich hier ihren Namen, und fragt man im Google-Suchfeld nach „the answer to life, the universe and everything“, so erhält man ebenjene Replik: 42.
In Wirklichkeit handelt es sich dabei natürlich um groben Unfug. Der Lebenssinn liegt keineswegs in der 42, was schon Autor Adams persönlich bestätigte: „The answer to this is very simple. It was a joke. It had to be a number, an ordinary, smallish number, and I chose that one. Binary representations, base thirteen, Tibetan monks are all complete nonsense. I sat at my desk, stared into the garden and thought ´42 will do´. I typed it out. End of story.”
Soweit jener, der es wissen muss. Als Kölner ist man stattdessen eher geneigt, die 11 als Lösung aller Gleichungen anzusehen. 11 Tränen schmücken das kölsche Wappen, 11.000 Jungfrauen scharten sich um Ursula. Am 11.11. um 11 Uhr 11 beginnt alljährlich der Karneval, und der berühmteste rheinische Export hört auf den Namen 4711. Ganz nebenbei: Auch die Quersumme von 47 weist in dieselbe Richtung.
Die 42er-Jünger können also, auf deutsch gesagt, einpacken. Aber auch der Elferrat muss sich fragen lassen: „Bist du jeck?“ Denn die Antwort auf die letzte und tiefste aller Fragen kommt womöglich nicht aus dem Adams-Buch oder dem Maya-Kalender, sondern aus Kurdistan. Wie ein seriöser Thekensteher der Gastronomie „Durst“ auf der Kölner Weidengasse erklärte, bedeutet „Bist u yek“ im Kurdischen nichts anderes als: 21. Diese Zahl bildet exakt die Hälfte von 42, das Doppelte von 11 und die genaue Mitte zwischen 42 und 11. Und das, obwohl wir 2011 gerade begraben haben. Ist das nicht jeck?!

 Kleine Kneipe, große Fragen

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