Mittwoch, 25. Februar 2015

Fundstücke (25)

„Wächst der noch?“

McFit: Bildungsquiz
Was ist eine Bibliothek?
a) eine kleine Bibel
b) eine französische Bibelfabrik
c) eine Bücherei

Linie 16, Höhe Marienburg
1. Mann: "Da stand also: ´Hallo, liebe Südstädter, kennt jemand eine gute viersprachige Kita für meinen Sohn Julian-Gabriel?´"
2. Mann: "So´n Scheiß."
1. Mann: "Aber echt!"
2. Mann: "Wer vier Sprachen lernt, lernt drei andere Sachen nicht. Zum Beispiel Fußball, Steine flitschen und Mitleid."


Kneipe, Eifel, 14 Uhr
Kleiner, alter Kerl mit Schnäuzer und zurückgegeltem Silberigel: "Ich bin ja untenrum rasiert, weil mein Schwanz dann länger aussieht. Sagt meine Frau."
Junge Kellnerin: "Welche? Die aus Bitburg oder die aus Wilsecker?"
"Nee nee, die aus Bitburg. Die aus Wilsecker sieht nicht mehr gut."


Junger Mann mit Kampfhund, junge Frau mit Kinderwagen und junger Mann mit Glatze vorm McDonald´s
"Der ist ja süß", sagt die Mutter über den Hund, der ihren Filius vermutlich ohne Kauen und Bäuerchen verschlingen könnte.
"Ja, der ist erst zwei Monate alt", antwortet das Herrchen.
"Wächst der noch?" fragt der Glatzkopf.
"Nein, diese Rasse bleibt so."
"Dann wär der mir zu klein."


Da wächst noch was.

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Mittwoch, 18. Februar 2015

Interviews (32)

Heute: Dirk Lottner

Dirk Lottner wurde 1972 in Köln geboren. Nach der Realschule absolvierte er eine Lehre als Handelsfachpacker (heute: Lagerist). Bei Rot-Weiß Zollstock fing er als 6-Jähriger an, bei Fortuna Köln wurde er 1992 zum Fußballprofi. Über Bayer Leverkusen (1997/98) gelangte er schließlich zum 1. FC Köln, wo er bis 2004 spielte. Zwei Mal stieg er mit der Mannschaft in die erste Liga auf. Nach dem Ende seiner aktiven Laufbahn arbeitete er als Trainer, vor allem im Nachwuchsbereich des FC. Seit November 2014 leitet er seine eigene Fußballschule in Hürth: www.lotteskicker.de.
Dirk Lottner hat mit Jerome einen 23-jährigen Sohn aus erster Ehe. Er lebt mit seiner Frau Sarah und der gemeinsamen Tochter Leni-Mayra (6) in Rondorf.

Es ist recht kühl in Köln. Waren Sie im Schnee oder in der Sonne?

Weder noch. Ich habe noch nie auf Skiern gestanden. Als aktiver Spieler habe ich im Winter mal einen Strandurlaub gemacht, aber das bringt mir nichts. Hinzu kommt, dass einen Tag nach Weihnachten meine Mutter Geburtstag hat, zwei Tage danach meine Schwiegermutter und am nächsten Tag mein Vater. Und dann ist ja schon Silvester, da bleibt nicht viel Zeit. (lacht)

Welche Kindheitserinnerungen verbinden Sie mit dem Winter in Zollstock, wo Sie aufgewachsen sind?

Da denke ich vor allem an die „Busenberge“. So nannten wir die beiden Trümmerhügel gegenüber dem Kombibad, auf denen wir immer Schlitten gefahren sind. Weitere Ausflüge führten uns zum Kalscheurer Weiher, da gab es auch zwei schöne Berge.

Was bedeutet die Winterzeit für einen Fußballprofi?

Vor allem Regeneration! Früher war die Winterpause noch relativ lang ...

... es gab noch keine Rasenheizungen und ähnliches ...

... genau, da ging es erst Mitte Februar wieder los. Das verlangte allerdings auch nach viel Disziplin, in dieser Zeit musste man verstärkt auf sein Gewicht achten.

 Foto: Costa Belibasakis

Sie galten in Ihrer Profizeit als eher lockerer Spieler, der auch mal Fünfe gerade sein lässt.

Das stimmt schon, aber da wurde auch viel übertrieben.

Der Lottner raucht und trinkt Bier, hieß es.

Nun ja, da bin ich nicht der einzige Leistungssportler, auf den das zutrifft. Als langjähriger Kapitän stand ich natürlich unter besonderer Beobachtung. Aber es war auch nicht so, dass ich mir nach dem Spiel zwanzig Kölsch in den Kopf gekloppt hätte.

Es gibt Beispiele wie Uli Borowka von Werder Bremen, der als Profi Alkoholiker war.

Da bin ich wirklich ganz weit von entfernt. Ich trinke keine Schnäpse und mische mein Kölsch immer mit Cola, weil ich das besser kontrollieren kann.

Diätcola, nehme ich an.

(lacht) Nein, so genau nehme ich´s dann doch nicht.

Sie werden im März 43, im Profifußball hat sich manches geändert. Müssen junge Spieler heutzutage Streber sein?

Streber nicht, aber die Disziplin spielt tatsächlich eine viel größere Rolle. Früher bei Fortuna Köln oder auch unter Christoph Daum in Leverkusen durfte auf der Rückfahrt im Bus noch geraucht werden, da hat sich keiner beschwert. Mancher hat sich sogar auf dem Weg vom Hotel zum Stadion, also vor dem Spiel noch eine angesteckt. Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen.

Der Nachwuchs heute wächst anders auf?

Vor allem die Nachwuchs-Leistungszentren haben für eine deutliche Professionalisierung gesorgt. Die Jungs dort haben praktisch ausnahmslos das Ziel, später Profi zu werden. Und dementsprechend leben die dann auch.

Warum haben Sie als kleiner Junge bei Rot-Weiß Zollstock und nicht bei der größeren Fortuna angefangen?

Als ich 6 war, sind wir von der Volksgartenstraße nach Zollstock in die Kendenicher gezogen. Hundert Meter weiter, am Ende der Straße, lag der Fußballplatz.

War Ihnen damals Hans Schäfer ein Begriff? Der Weltmeister von ´54 hat ja auch in Zollstock angefangen mit dem Kicken.

Ich kannte ihn über meinen Vater, der auch jahrelang Fußball gespielt hat. Übrigens wohnte bei mir in der Parallelstraße Dirk Heinen, der spätere Torhüter von Bayer Leverkusen. Mit dem habe ich auch jenseits des Vereins viel bei uns auf der Wiese trainiert.

Wie würden Sie den Verein Rot-Weiß Zollstock beschreiben?

Ein klassischer Veedelsclub, der leider zur Zeit ernsthafte Probleme hat. Es gibt ein neues Vereinsheim, aber hier spielen nur noch ganz wenige Jugendmannschaften. Eigentlich sollte dieser Verein viel mehr junge Spieler aus dem Bereich Zollstock, Raderthal, Sülz etc. anziehen.

Ein seltsamer Verein ist auch Fortuna Köln, wo Sie insgesamt zwölf Jahre spielten und 1992 Ihre Profilaufbahn begannen.

Ich kenne noch den alten Fortuna-Aschenplatz an der Fritz-Hecker-Straße, wo heute Arminia 09 spielt. Da gab es früher nicht mal einen Zaun, wir konnten dort jederzeit kicken gehen. Und von der Umkleide musstest du zwanzig Meter durchs Freie, um zu den Duschen zu kommen - auch im Winter. Einerseits war´s kultig, andererseits hat man bei der Fortuna die Talente nie wirklich gefördert.

Jean Löring war immer stolz auf seine große Jugendabteilung.

Ja, damit hat er sich gebrüstet. Aber man hat dort nie aktiv versucht, Spieler in den Lizenzbereich zu hieven.

War der „Schäng“ eigentlich nett?

Ja, auf jeden Fall! Wenn du mit dem am Verhandlungstisch saßest, war er ein knallharter Geschäftsmann. Aber jenseits dessen war er sehr väterlich und hat sich sehr um mich gekümmert.

War das nötig?

Naja, ich war jung, habe mit 19 schon geheiratet und bin Vater geworden - bei 2000 DM Grundgehalt. Da kann man schon ein bisschen Unterstützung brauchen. Was die familiäre Einbindung in den Verein angeht, war Jean Löring seiner Zeit um Jahre voraus.

Tragisch bei der Fortuna ist bis heute der schlappe Zuschauerzuspruch. Warum ist Fortuna nicht das St. Pauli Kölns?

Da bin ich überfragt, diese Frage steht schon seit Jahrzehnten unbeantwortet im Raum. Für uns als Spieler war das schon manchmal sehr bedrückend, vor ein paar hundert Leutchen zu spielen. Da war man froh, wenn Aachen oder Duisburg ankam und mit seinen Auswärtsfans mal richtig Stimmung machte.

Was sehen Sie mit einem gewissen Abstand als Highlight Ihrer Karriere an?

Schon mit Fortuna Köln war es immer mein Ziel, in die erste Liga aufzusteigen. Hat sieben Jahre lang nicht geklappt, also musste ich wechseln. Der erste Aufstieg 2000 mit dem FC, unter Ewald Lienen, ist sicherlich meine prägendste Erinnerung.

Da hatten Sie schon die Erfahrung „Bayer Leverkusen“ hinter sich.

Ja, das war ein notwendiger Umweg, um zum FC zu kommen. Andererseits war das eine große Zeit für mich. Von der kleinen Fortuna in dieser Top-Mannschaft zu landen, war großartig. Immerhin habe ich dort 1998 sogar Champions League gespielt - in Monaco, Lissabon und bei Real Madrid, gegen das wir dann ausgeschieden sind.

Sie haben nie außerhalb des Rheinlands gespielt. selbst Ihr entferntester Club, der MSV Duisburg, liegt am Rhein. Gab es nie andere Angebote?

Doch, sicher. Aber mein Ziel war tatsächlich immer, einmal für den 1. FC Köln zu spielen. Jenseits dessen war mir stets die Familie, mein Umfeld sehr wichtig. Ich bin ein bodenständiger Typ, auch für Duisburg habe ich mich ganz bewusst entschieden. Da leben einfache, normale Leute, das passt zu mir.

Wie früher in Zollstock?

Meine Nachbarn und Spielkameraden von früher sind bis heute meine Freunde und mit mir im selben Kegelclub. Wir versuchen, uns uns alle zwei bis drei Monate zu treffen - im Zollstocker Refugium, einer Kneipe an der Vorgebirgsstraße.

Sie waren jahrelang Trainer im Jugendbereich des FC. Dann gab es 2013 eine längere Niederlagenserie mit der U21, und Sie wurden entlassen.

Das hat wirklich geschmerzt, daran habe ich gut ein halbes Jahr geknabbert.

Was waren die Gründe?

Auch beim FC-Nachwuchs geht es letztlich ums nackte Ergebnis. Nach Außen hin redet man zwar gern vom Vorrang der Talentförderung. Aber wenn der Tabellenplatz mal nicht stimmt, greifen auch in diesem Bereich die branchenüblichen Mechanismen.

Sie hätten sich selbst also nicht entlassen?

Definitiv nicht! Wer genauer hingesehen hat, kannte die wahren Gründe der Entlassung.

Der schlechte Umgang des FC mit alten Helden hat leider Tradition, man denke an Littbarski oder Häßler ...

Dazu möchte ich mich nicht weiter äußern.

Im November 2014 haben Sie in Hürth eine eigene Fußballschule eröffnet. Hätte es auch ein Bistro oder Wettbüro sein können?

Auf keinen Fall. Ich habe mein Leben lang Fußball gespielt, das ist meine Welt. Mir macht die Arbeit mit jungen Spielern extrem viel Spaß. Und mit meiner Fußballschule kann ich nun das ein oder andere davon weitergeben, was ich selber in 16 Jahren Profifußball und achtjähriger Trainertätigkeit erfahren habe.

Aber perspektivisch würden Sie auch wieder als Trainer arbeiten?

Im Moment hängt die Schule an meinem Namen, ich leite jede einzelne Trainingseinheit selbst. Aber wenn sich das stabilisiert hat, werde ich sicher wieder auf Angebote horchen.

Mittwoch, 11. Februar 2015

Thekentänzer (85)

Früher war alles runder

Betty

... hat seltsame Zuckungen im Gesicht.

Früher war sie
öfter hier und
ziemlich hübsch und
noch früher
meine Klassensprecherin.

Die Kneipe ist noch leer, es läuft
„Verschwende deine Jugend“, dieser
programmatische Punksong von
- programmatisch? -
DAF.

„Ich hatte mal was mit dem
Wirt hier“, sagt Betty und
schlörkt ihren Wein.

Draußen hauen
zwei junge Türken gegen das
Fenster, Betty
stört das nicht.

"Ich hab nen schlechten Tag heute",
sagt sie, "ich werd vielleicht
viele schlechte Tage haben ab
heute."

Betty trinkt, irgendwas 
zuckt, "aber
wenn mein Mann mir

Komplimente gemacht hat“, sagt sie,
„wurd ich immer zum
Mädchen, dann
musste ich immer weinen.“

Früher war alles runder


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Mittwoch, 4. Februar 2015

Interviews (33)

Heute: Herbert Labusga, Karnevalswagen-Bauer und Künstler

Herbert Labusga wurde 1939 in Oppeln/Schlesien (heute Polen) geboren. Nach dem Abitur in Zakopane studierte er 1959-64 Malerei an den Kölner Werkschulen. Schon in den 1960ern begann er als Bildhauer fürs Fernsehen zu arbeiten - u.a. mit Regisseuren wie Fassbinder, Herzog, Petersen und Geissendorfer. Großes Aufsehen erregte er, als er 1985 in einer Nacht- und Nebelaktion den preußischen König zurück auf den verwaisten Sockel am Heumarkt setzte - aus Styropor.
Werke von Labusga finden sich in ganz Deutschland, in Köln u.a. am Rathausturm (Willi Ostermann) und vor dem Regierungspräsidium (Friedrich Reichsgraf zu Solms-Laubach). Er lebt mit seiner Frau in Stammheim.

In der Wagenbauhalle am Karnevalsmuseum entsteht der kommende Rosenmontagszug. Herbert Labusga, Herr über Holz, Draht, Styropor und Pappe, dreht das Radio leiser und lässt den Festwagen der Müllemer Junge eine Weile ruhen.

Zuletzt war im Gespräch, die Kreuzblume vor dem Dom zu entfernen. Die fundiertesten Informationen zu diesem Objekt haben eigentlich Sie.

Ursprünglich hat sich Köln mit dieser Kreuzblume zur Weltausstellung historischer Städte in Kyoto präsentiert. Elf Meter hoch war die, und ich habe sie gebaut. Um sie genau vermessen zu können, habe ich vom Dombaumeister Wolf die Erlaubnis bekommen, sie zu beklettern.

Herbert Labusga zeigt mir an dieser Stelle Fotos von sich und einem Steinmetz auf der Dom-Kreuzblume. Schon der Anblick macht schwindlig.

Was kam dabei heraus?

Dass schon der Vorläufer der Nachbildung vor dem Dom fehlerhaft war. Auch heute sieht man, wenn man sich in die Flucht von Kreuzblume und Domturm stellt, dass da was nicht stimmt. Ich bin der einzige, der Pläne mit den richtigen Maßen hat. Aber gemeldet hat sich in dieser Sache noch niemand bei mir.

1985 haben Sie auf den damals leeren Sockel am Heumarkt das Reiterdenkmal Friedrich Wilhelm III. gestellt. Aus Styropor allerdings.

(lacht) Ja, zur Art Cologne. Ich erzählte meiner Frau von dem Plan, und sie meinte: Das traust du dich sowieso nicht. Also musste ich´s machen, klar.

Labusgas Styropor-König auf dem Weg zum Heumarkt 1985

Wie ging das vonstatten?

Dafür habe ich einen Monat richtig reingeklotzt. Der WDR hatte mir eine Arbeitshalle zur Verfügung gestellt.

Im Wissen, dass hier etwas Illegales vor sich ging?

Nein, so genau waren die nicht eingeweiht. Ich habe denen vor Ort erzählt, das sei für irgendeine Fernsehsendung. Danach habe ich durchaus damit gerechnet, festgenommen zu werden. Immerhin sind wir da nachts mit zwei Tiefladern hin und haben die ganzen Beete zertrampelt.

Aber?

Stattdessen schrillte schon früh am Morgen das Telefon, und Stadtkonservatorin Hiltrud Kier beglückwünschte mich zu der Aktion.

Zunächst wollte der WDR Ihnen das Denkmal abkaufen.

Ja, aber die Stadt beschloss, das Ding einfach an Ort und Stelle zu belassen. Ich sagte denen, das wird nicht lange halten, das obere Teil ist nur mit zwei Eisenstücken mit dem unteren verbunden. Es dauerte dann allerdings fast ein ganzes Jahr, bis der Reiter herunterfiel.

Ihr Kunstwerk hatte nur 10.000 Mark gekostet.

Ja, und dann fragte man mich, ob ich auch den echten Reiter aus Bronze gießen wolle. Dass dann letztlich jemand anders den Auftrag bekam, hatte mit üblem Klüngel zu tun. Da will ich aber gar nicht mehr drüber reden.

Hat mit dieser Aktion Ihr Interesse für Styropor begonnen?

Nein, mit diesem Material arbeite ich schon seit 1964, da gehöre ich sicher zu den Pionieren. Damals habe ich, noch als Student, an Bühnenbildern für den WDR mitgearbeitet. Eines Tages brauchte man auf die Schnelle ein paar romanische Figuren. In der Ecke standen Styroporplatten, die habe ich dann zusammengeklebt und mit dem Messer bearbeitet.

Der Startschuss für eine „Unendliche Geschichte“.

Stimmt, für den Film nach Michael Ende habe ich praktisch alles gemacht. Der 1. Teil von 1984 besteht letztlich aus 10.000 Kubikmetern Styropor.

Sie haben damals auch mit Rainer-Werner Fassbinder und Werner Herzog gearbeitet. Waren Sie ein politischer Künstler?

Nein, so habe ich mich nie empfunden. Aber mein Leben wurde stark von politischen Bewegungen beeinflusst. Mein Heimatort Oppeln wurde 1945 polnisch, ich habe also ein polnisches Abitur gemacht.

Sie sind gebürtiger Schlesier. Bestehen noch Kontakte?

Mit meinen deutschen Schulfreunden habe ich mich zerstritten, die wollten ein „freies Schlesien“. Ich habe aber sehr viele polnische Freunde.

1959, mit 20 Jahren, sind Sie nach Köln gegangen. Wieso?

Schon im Januar 1945 hatte meine Mutter versucht, allein mit mir und meinen zwei Schwestern über die Oder zu flüchten. Es waren 20 Grad minus, eine Schwester wäre fast erfroren, wir haben es nicht geschafft. 1959 dann durften wir ausreisen, und meine Oma mütterlicherseits lebte bereits in Köln.

Und Sie wurden Kunststudent?

Bei den Kölner Werkschulen kannte man meine musisch ausgerichtete Schule in Zakopane. Die hatte einen guten Ruf, ich wurde sofort angenommen.

Haben Sie eigentlich einen schlesischen oder polnischen Akzent?

(lacht) Ich dachte, ich hätte überhaupt keinen Akzent.

Spielt Ihr Migrationshintergrund heutzutage noch eine Rolle?

Für mich nicht. Natürlich hat man mich zu Anfang gern als „Polacken“ beschimpft, obwohl meine deutschen Wurzeln bis ins 17. Jahrhundert nachweisbar sind. Aber mir hat das nie etwas ausgemacht, dafür liebe ich Polen einfach zu sehr.

Sie bauen seit nunmehr 54 Jahren Kanevalswagen.

Ja, unglaublich, oder? (lacht)

Ist das Festkomitee durch die Heumarkt-Aktion auf Sie aufmerksam geworden?

Nein, auch da bin ich schon seit den frühen 60ern. Die kamen zur Werkschule und suchten studentischen Ersatz für einen verstorbenen Wagenbauer.

Was sind die spezifischen Probleme dieses Jobs?

Als ich anfing, bauten die Kollegen ihre Figuren noch komplett aus Gips, sehr aufwendig. Und ich kam da an und haute das plötzlich aus ein paar Latten und Maschendraht zusammen, kaschiert mit bemaltem Zeitungspapier.

Gab das Ärger?

Klar, die Alteingesessenen waren stinksauer und hatten Angst um ihre Arbeitsplätze. Ich habe in einer Woche einen Wagen allein gebaut, für den die mit 20 Leuten drei Wochen brauchten.


Sind Sie hier Künstler oder Handwerker?

Man muss auf jeden Fall Allroundhandwerker sein - also etwa schreinern, schlossern und nicht zuletzt improvisieren können. Auch hilft es, ein wenig Ahnung von Statik zu haben. Mir ist in über einem halben Jahrhundert noch nie eine Figur umgekippt. Toi toi toi.

Sind Sie persönlich ein Karnevalsjeck?

Nein, fürs Kamellensammeln bin ich zu alt, und ich war auch noch nie beim Rosenmontagszug. Aber ich sehe ihn mir mit einer Flasche Rotwein an und erfreue mich an den tollen Kommentaren von Wicky Junggeburth. Der Mann weiß alles und ist sehr witzig.

Was wird Ihr Highlight des kommenden Rosenmontagszuges?

Oh, sicher mein Müllemer Bötche hier, das ich für die Müllemer Junge baue. (lacht)

Jenseits von Karneval stehen Sie als Künstler für realistische Bildhauerei.

Ja, nicht zuletzt von Tieren. Ich weiß gar nicht, welches ich noch nicht gemacht habe. Die schnitze ich übrigens immer aus Styropor, bevor sie in Bronze gegossen werden.

Auch in Köln haben Sie sich mehrfach verewigt. Wie würden Sie Ihr Verhältnis zu dieser Stadt beschreiben?

Ich liebe Köln, das ist meine Heimat und etwas Magisches. Ich kannte schon als Kunstgeschichtsschüler in Polen den Kölner Dom besser als die meisten Kölner. Drei, vier Mal im Jahr gehe ich für ein paar konzentrierte Stunden auf den und um den Dom herum, um seine Figuren zu studieren. Das ist mir ein Bedürfnis.