Mittwoch, 20. Juli 2011

Thekentänzer (47)

Trunksucht, Pfützen, Veitstanz

Es ist ätzend, mit solchen Spacken allein zu sein. Draußen regnet es wild gegens Fenster, drinnen dämmriges Zwielicht. Als erstes irritieren seine eng zusammenliegenden Augen. Knopfaugen. Seine Haare sind nass, tropfen die Theke voll. Er tut so, als wolle er eigentlich immer direkt zahlen, ist aber insgeheim stolz darauf, einen Deckel zu bekommen.
„Mach auf Ringo, und sag mal: Was ist denn das in den Fässern da?“
Vorm Fenster hackt eine Frau vorbei – Trunksucht, Pfützen oder Veitstanz.
„Brauner Tequila und ein Single Malt.“
„Dann nehme ich von jedem eins.“
Zum Glück ist der Whiskey längst alle. Die CD hat eine Macke und jagt durch bis zum Ende, an der Decke erstirbt eine Birne. Aber irgendwer hat die Klos geputzt.
„Entschuldigung, dass ich vielleicht ein bisschen dumm frage. Aber wofür steht hier die Kneipe?“
„Naja, laut, düster, verqualmt und so.“
„Ist keine Schwulenkneipe, oder?“
Er spricht mit süddeutschem Akzent. Über Köln weiß er immerhin so viel, dass man hier Bier aus „Reagenzgläsern“ trinkt. Findet er witzig, dieses Wort, und bestellt darum demonstrativ immer Kölsch im Halbliter-Weizenglas. Scheiß drauf, du Arsch.
„Und sag mal. Tschuldigung, noch ne dumme Frage, sag mir einfach, wenn du nicht mehr antworten willst. Hier in der Ecke soll´s doch viele kleine Puffs geben.“
„Keine Ahnung, ich geh immer nur hier hin.“
„Außer dem Pascha jetzt, das ist ja der große.“
„Keine Ahnung, ich glaub, du musst mal langsam nach Hause.“
Tatsächlich ist er inzwischen zwei Mal eingeschlafen. Ein paar weitere Gäste stehen um ihn herum. Wenn er aufwacht - immer jäh - sieht er sie unwirsch an.
„Ich geh nach Hause, wenn das mir passt, verstehst du.“
„Aber hier raus gehst du, wann es mir passt. Nach dem Bier nämlich.“
Der, der sich Ringo nennt, hebt sich nun vom Barhocker, drückt sich mit den Ellbogen über die Theke und stiert dämlich über den Zapfhahn. Erstarrt in dieser Haltung und bringt kein Wort heraus. Neben ihm, wie bestellt, taucht plötzlich ein kleiner Kerl mit schwarzem Schnurrbart auf.
„Haben Sie Döner?“
„Nur flüssig.“
„Gulasch?“
„Nee.“
„Wurst?“
„Bifi.“
„Nee.“
„Tut mir leid.“
„Schon gut, ich nehme ein Kölsch.“
Ringo sackt in sich zusammen. Trinkt sein Glas leer und geht. Der mit dem Schnurrbart feixt.
„Hey, super, komm ich hier rein und ist direkt ein Hocker frei.“
Netter Depp.


Irgendwer hat die Klos geputzt.


Wer diese Kolumne zukünftig jeden Mittwoch zugeschickt bekommen möchte, schreibe eine Mail an thekentaenzer@netcologne.de, Stichwort: Die Köln-Kolumne.

Keine Kommentare: