Mittwoch, 27. Juli 2011

Schöne Schilder (2)

2 in 1 in Deutschland



2 in 1 in der Völklinger Hütte


2 in 1 auf Helgoland


2 in 1 in München, Allianz Arena


2 in 1 in Ziegelrode


2 in 1 in Mainz


2 in 1 in Wittenberg (o. lks.: „Thomas Müntzer, Theologe und Bauernführer)


Wer diese Kolumne zukünftig jeden Mittwoch zugeschickt bekommen möchte, schreibe eine Mail an thekentaenzer@netcologne.de, Stichwort: Die Köln-Kolumne.

Mittwoch, 20. Juli 2011

Thekentänzer (47)

Trunksucht, Pfützen, Veitstanz

Es ist ätzend, mit solchen Spacken allein zu sein. Draußen regnet es wild gegens Fenster, drinnen dämmriges Zwielicht. Als erstes irritieren seine eng zusammenliegenden Augen. Knopfaugen. Seine Haare sind nass, tropfen die Theke voll. Er tut so, als wolle er eigentlich immer direkt zahlen, ist aber insgeheim stolz darauf, einen Deckel zu bekommen.
„Mach auf Ringo, und sag mal: Was ist denn das in den Fässern da?“
Vorm Fenster hackt eine Frau vorbei – Trunksucht, Pfützen oder Veitstanz.
„Brauner Tequila und ein Single Malt.“
„Dann nehme ich von jedem eins.“
Zum Glück ist der Whiskey längst alle. Die CD hat eine Macke und jagt durch bis zum Ende, an der Decke erstirbt eine Birne. Aber irgendwer hat die Klos geputzt.
„Entschuldigung, dass ich vielleicht ein bisschen dumm frage. Aber wofür steht hier die Kneipe?“
„Naja, laut, düster, verqualmt und so.“
„Ist keine Schwulenkneipe, oder?“
Er spricht mit süddeutschem Akzent. Über Köln weiß er immerhin so viel, dass man hier Bier aus „Reagenzgläsern“ trinkt. Findet er witzig, dieses Wort, und bestellt darum demonstrativ immer Kölsch im Halbliter-Weizenglas. Scheiß drauf, du Arsch.
„Und sag mal. Tschuldigung, noch ne dumme Frage, sag mir einfach, wenn du nicht mehr antworten willst. Hier in der Ecke soll´s doch viele kleine Puffs geben.“
„Keine Ahnung, ich geh immer nur hier hin.“
„Außer dem Pascha jetzt, das ist ja der große.“
„Keine Ahnung, ich glaub, du musst mal langsam nach Hause.“
Tatsächlich ist er inzwischen zwei Mal eingeschlafen. Ein paar weitere Gäste stehen um ihn herum. Wenn er aufwacht - immer jäh - sieht er sie unwirsch an.
„Ich geh nach Hause, wenn das mir passt, verstehst du.“
„Aber hier raus gehst du, wann es mir passt. Nach dem Bier nämlich.“
Der, der sich Ringo nennt, hebt sich nun vom Barhocker, drückt sich mit den Ellbogen über die Theke und stiert dämlich über den Zapfhahn. Erstarrt in dieser Haltung und bringt kein Wort heraus. Neben ihm, wie bestellt, taucht plötzlich ein kleiner Kerl mit schwarzem Schnurrbart auf.
„Haben Sie Döner?“
„Nur flüssig.“
„Gulasch?“
„Nee.“
„Wurst?“
„Bifi.“
„Nee.“
„Tut mir leid.“
„Schon gut, ich nehme ein Kölsch.“
Ringo sackt in sich zusammen. Trinkt sein Glas leer und geht. Der mit dem Schnurrbart feixt.
„Hey, super, komm ich hier rein und ist direkt ein Hocker frei.“
Netter Depp.


Irgendwer hat die Klos geputzt.


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Mittwoch, 13. Juli 2011

Schöne Schilder (1)

Alles Verboten!


Verboten in Köln-Heimersdorf



Verboten in der Eifel



Verboten in Bremen (jedenfalls zwischen 20 und 8 Uhr)



Verboten auf Usedom



Verboten in Sachsen-Anhalt



Verboten am Kyffhäuser-Denkmal



Mittwoch, 6. Juli 2011

Geschichten aus 1111 Nächten (9)

Der Eremit, die Tochter, der Milan und die Maus

Nach ausschweifenden Jahren im Friesenviertel hatte sich Jean in die Eifel zurückgezogen, in das trostloseste und verlassendste Nest von allen. Dort wohnte er, fernab des Dorfes, auf einem heruntergekommenen Bauernhof. Seine einzige Beschäftigung jenseits des Lebensnotwendigen bestand in der Lektüre alter Westernheftchen.
Eines Sommertages saß er im hüfthohen Gras, als ein Milan über ihn hinwegflog und ihm eine Maus in die geöffneten Handschalen fallen ließ.
„Sieh an“, sagte sich der Jean, „da muss mir der Himmel Gesellschaft in Form eines Töchterchens geschickt haben.“
Also sprach er einen jener derben Sprüche, die ihn der Heilige Willy gelehrt hatte, und schon hielt er ein blühendes junges Mädchen im Arm. Er taufte es auf den Namen Bärbel.
Schon am nächsten Tag begann Bärbel, ihrem Vater zu dienen. Sie verjagte die aufdringlichen Eifelfliegen, zog ihrem Vater die Zecken und wusch ihm die Füße. Des Nachmittags spazierte sie ins Dorf und holte ihm einen Kasten Bier für den Abend. Jean war überglücklich.
Nach etwa zwei Jahren jedoch trat ein trauriger Zug auf des Mädchens Antlitz. Jean, der sich noch nicht ganz blind getrunken hatte, begriff, dass es Zeit war, seiner Bärbel einen Ehemann zu suchen. Kaum hatte er ihr dies kundgetan, begann sie selig zu lächeln.
„Bärbel“, setzte Jean also an, „soll ich dich mit der Sonne verheiraten?“
„Ach nein“, sagte Bärbel, „die ist mir zu heiß, und außerdem verschwindet sie jede Nacht. Ich möchte einen Mann, der stärker ist als die Sonne.“
„So nimm die Wolke“, schlug Jean vor. „Denn die Wolke stellt selbst die Sonne in den Schatten.“
„Ganz bestimmt nicht“, entgegnete Bärbel entsetzt. „Die Wolke ist grau, kalt und feucht. Und wenn der Blitz sie zerreißt, dann grollt sie und macht mir Angst. Nein, ich möchte einen Mann, der stärker ist als die Wolke.“
„Dann fällt mir nur noch der Wind ein, liebstes Kind. Denn der treibt die Wolken auseinander und in die Ferne.“
„Auch der Wind ist mir nicht geheuer, mon Papa. Ist er doch ein unbeständiger Wüterich. Sei mir nicht bös, aber ich möchte einen Mann, der stärker ist als der Wind.“
Jean war verzweifelt, öffnete sein letztes Stubbi und nuckelte trostlos daran herum. Da kam ihm ein finaler, womöglich rettender Gedanke.
„Der Berg!“ rief er triumphierend. „Der Berg wird dein Mann, er ist stärker als der Wind, schließlich hält er ihn auf. Du wirst den Berg heiraten, Bärbel.“
Aber erneut erntete er eine Geste des Abscheus.
„Der Berg ist schwerfällig, er ist trübsinnig und scheint mir ein furchtbarer Langeweiler. Ich möchte einen Mann, mit dem ich reden und lachen kann. Einen Mann, lieber Papa, der stärker ist als der Berg.“
Jean hatte nun keine Antwort mehr für sein Kind. Er torkelte von dannen, gen Dorf, und betrat zum ersten mal in seinem Leben die dortige Schänke. Außer der Wirtin traf er nur eine einzige weitere Gestalt an, einen völlig abgerissenen Kerl von etwa 80 Jahren, dem dicke schwarze Haare aus den Ohren wuchsen.
Jean, der sich inzwischen für nichts mehr zu schade war, fütterte den Alten mit Mirabellen-Schnaps.
„Was ist stärker als der Berg?“ fragte er ihn mit jeder Runde.
Und nachdem er viele Male lediglich einen dämlichen Gesichtsausdruck geerntet hatte, erhielt er schließlich doch noch die richtige Antwort.
„Die Maus“, schredderte der Alte in einem hellen Moment zwischen seinen Zahnstümpfen hervor. „Die Maus ist stärker, denn sie kann Gänge in den Berg graben, ohne dass dieser sie daran zu hindern in der Lage wäre.“
Jean jubilierte innerlich, bis ihm der Obstler sauerscharf aufstieß. Zufrieden kehrte er nach Hause zurück und trat ins Zimmer seines schlafenden Töchterchens. Dort nuschelte er einen weiteren Spruch des Heiligen Willy und verwandelte Bärbel in die kleine graue Maus, als die sie einst in sein Leben getreten war.
Das Mäuschen, wie es halt seine Art war, lief durchs Gras, schnupperte hier und dort und fand schon am folgenden Tag ein agiles Männchen. Und weil sie ihr gemeinsames Mauseleben ganz in der Nähe des Jean lebten, konnte dieser mitverfolgen, wie sie zahllose Junge bekamen, die von den Milanen gejagt wurden.


Westernheftchen für die innere Einkehr

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