Mittwoch, 25. März 2015

Thekentänzer (87)

Im Sessel mit Birgit

Die beiden Jungs sind aus dem Ruhrgebiet und sitzen seit 8 Uhr vor ihren Gläsern. Jetzt ist es halb 2. Weil Tresengespräche chronologisch rückwärts laufen, sind sie inzwischen bei ihrer Schulzeit in Herne angelangt.
„Und du hast wirklich mal mit Birgit aus der a) geknutscht?“
„Ja klar, in deinem Sessel.“
„War das die Party, wo der Axel im Vorgarten gepennt und meine Mutter den am nächsten Morgen ...?“
„Genau, und Edelgard hatte als erstes Mädchen überhaupt rotlackierte Fußnägel.“
„Oh Gott, ja, ich erinner mich. Komm, wir trinken nochn Schnaps.“

Die Zeit verrinnt, es geht auf 5 zu. Die Flasche Sechsämter steht schon lange zwischen den beiden und ist fast leer. Die Köpfe unter den Jürgen-von-Manger-Schiebermützen sind vornübergesunken, und das Gespräch, nun ja, verläuft inzwischen recht schleppend. Aber dann kommt doch noch was.
„Auf meinem Sessel?“ fragt der eine, und der andere sagt:
„Hmm! Mit Edelgard.“

Damals ...

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Mittwoch, 18. März 2015

Geschichten aus 1111 Nächten (56)

Das Marmeladenbrot

Eines Morgens fiel dem völlig verkaterten Tünnes das morgendliche Butterbrot aus den zittrigen Händen. Jedoch landete es nicht auf der Marmeladen-, sondern der Brotseite.
Das Wunder verbreitete sich wie ein Lauffeuer in ganz Köln. Die Menschen diskutierten aufgeregt in den Straßen, am Arbeitsplatz und in den Kneipen. Weil jedoch niemand wusste, wie die teuflische Sache zu deuten sei, wandte man sich an den heiligen Willy. Aber auch der hatte spontan keine Antwort parat und erbat sich 24 Stunden des Nachdenkens.
In Köln hielt man viel auf die Meinung des heiligen Mannes, denn über der Kirche war nur noch der FC. Also belagerte man Willys Gotteshaus, bis er einen Tag später vor der Tür erschien – müde, aber offenbar erleuchtet.
Er zerteilte die Menschenmassen, marschierte geradewegs zur kleinen Genossenschaftswohnung des Tünnes, stellte sich an das geöffnete Fenster und verkündete: „Nicht das Butterbrot, sondern der Anton hat Schuld. Weil er die Marmelade auf die falsche Seite schmierte.“
Also zerteilte sich die Menge und war´s zufrieden.


Man kann das auch unfair finden.

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Mittwoch, 11. März 2015

Thekentänzer (86)

Die Frau mit dem Nasenring

Die Frau trägt
einen goldenen Nasenring und
eine schwarze Lederjacke.
Mit Nieten.

Das ist das, was man
über dem Tresen von ihr
sieht. Und bei Gott:
Man sähe gerne mehr.

„Ist mein Platz“, sagt sie
zu dem schmächtigen Kerl, der
sich während ihrer Kippenpause
hochgehievt hatte.

Interessant zu beobachten, wie
schmächtig und sprachlos
er sich vom Hocker macht.

Um es abzukürzen: Die beiden
sind jetzt
seit 25 Jahren verheiratet.

Und wenn du mich fragst: Glücklich.

Nicht immer läuft das Leben regelhaft.


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Mittwoch, 4. März 2015

Coloniales (52)

Vater Rhein


Gesamtlänge: 1.326 km*

Kölner Uferlänge linksrheinisch: 40,0 Kilometer
Uferlänge rechtsrheinisch: 27,3 Kilometer**

Pegelnullpunkt: 34,97 cm über NN
Mittlerer Pegelstand: 290–320 cm

Gefälle innerhalb des Stadtgebiets: 3,60 m

Fließgeschwindigkeit bei Hochwasser: 2,5 m/s

Mittlerer Abfluss bei Niedrigwasser: 930 m²/s***
Mittlerer Abfluss bei Hochwasser: 6.190 m²/s


* Womit er nach der Donau der längste und wasserreichste Fluss Mittel- und Westeuropas ist. Nicht zuletzt tragen dazu seine Nebenflüsse bei. Der Rhein nimmt sie mit einer Gesamtlänge von 26.000 km in sich auf, und das ohne zu murren und ohne einen einzigen von ihnen wieder auszuspucken. Soviel zur rheinischen Toleranz.

** Das Ungleichgewicht erklärt sich durch die geringere Nord-Süd-Ausdehnung der Stadt auf der östlichen, rechten Rheinseite. Schuld daran ist Leverkusen, das die Schäl Sick nach Norden hin (Höhe Merkenich) abschneidet.

*** Den Minusrekord hält der 16. Februar 1929: Bei 470 m²/s Abfluss und einem Wasserstand von 62 cm hätte man den Rhein in Anglerstiefeln durchqueren können.

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