Mittwoch, 27. April 2011

Fränki (4)

Die Bananenstauden-Verkehrsinsel in der Südstadt

Absolute Vollspacken sind das. Die diese scheiß Verkehrsinsel mit Bananenstauden zupflanzen. Das is so richtig typisch fürn Viertel, wo alle zuviel Kohle haben. Die finden das dann lustig, wien Kind, das nen Streich ausgeheckt hat. Haha, sagen die, jetzt tun wir hier mal keine deutsche Gemüsegurke oder son Radieschen oder was hin. Jetzt machen wir hier nen voll exotischen Bananenwald.
Weil wir so scheiß originell sind.
Weil wir so unglaublich unangepasst sind.
Und gegen Atomkraft und alles.
Wir sind halt mega was Besonderes und super organisiert. Wir schieben nich einfach nur den beknackten Dreirad-Kinderwagen, sondern joggen dabei hinter dem her! Zwei Fliegen mit einer Klappe, verstehste?
Und am nächsten Morgen rücken sie wieder aus, wie die Panzer vom General Paulus vor Stalingrad. Gartenhandschuhe für 50 Euro das Paar, Gummistiefel von Manufactum und diese komplett lächerlichen hellgrünen Gießkannen als Knarre. Bananen pflanzen, weil die letzten wieder elendig eingegangen sind.
Alle zwei Wochen pflanzen die neu, weil die haben sonst nix zu tun. Alles Lehrer. Fahren morgens mitm Hollandrad in ihre scheiß Waldorfschule, tanzen n paar Buchstaben, und dann gehts direkt wieder ab zur Verkehrsinsel. Kucken, ob die Bananen nicht schon wieder das Köpfchen hängen lassen, so, Ah, Johannes, kuck ma, unsere Bananen sind schon wieder eingegangen, da müssen wir aber mal direkt innen Hahnwald zum Gartencenter. Ja, stimmt, Volker, ich glaub, die Susanne hat noch was im Spendendöschen.
Für Fukoshima spenden die höchstens fünf Euro, aber für Bananen geben die ein Vermögen aus, die Spacken.
Also sagen wir mal so: Wenn die da gerade wieder gepflanzt haben und am nächsten Tag is alles wieder total braun und verfault. Das find ich so geil, da könnt ich mir n Stück Fleisch rausreißen.
Hab ich auch mal gemacht: Nachts, ziemlich angeknallt, und dann erstmal schön das Bananenbeet zertrampelt. Einfach son bisschen Mario Gomez gespielt und die blöden Bananen bis aufn Bürgersteig gekickt. Eins zu Null für Deutschland. Hundert pro haben die da ne Überwachungskamera, die Wohlstandsheinis. Aber ich hab mir einfach den Kragen von meinem grünen Pulli über die Nase gezogen. Und mich kennt ja auch sowieso keiner.
Einfach mal eben alle Bananen zertrampelt und in die blöde Gießkanne gepinkelt.
Damit die morgen wieder was zu tun haben. Die Spacken.

Voll fertige Bananenstaude in der Südstadt



Wer diese Kolumne zukünftig jeden Mittwoch zugeschickt bekommen möchte, schreibe eine Mail an thekentaenzer@netcologne.de, Stichwort: Die Köln-Kolumne.

Mittwoch, 20. April 2011

Geschichten aus 1111 Nächten (6)

Der heilige Willy und das Bäuerlein aus dem Vorgebirge

Ein bitterarmes Bäuerlein stand auf seinem Acker im Vorgebirge, irgendwo hinter Knapsack. Seine sonnenverbrannte, knollige Nase erinnerte an die Kartoffeln, die es hier dereinst zu ernten gedachte. Vorerst jedoch stand die Saat an, und das Bäuerlein wühlte mit bloßen Händen die harten Erdkrumen um.
Und wie es da so zwischen den Furchen herumkroch, riss plötzlich der Himmel auf, ein Unwetter brach los, und der Blitz erschlug des Bäuerleins einzige Kuh.
„Warum tust du mir das an, heiliger Willy?“ schrie es und streckte die dürren Arme gen Himmel. „Warum strafst du mich so? Du siehst doch, dass es mir wahrlich schon schlecht genug geht.“
Der heilige Willy hatte am Vorabend dionysisch gezecht und deshalb einen fürchterlichen Schädel. Irgendein Getränk schien ihm zudem schlecht bekommen zu sein, denn er saß bereits den kompletten Vormittag auf dem Klo. Deshalb gab er dem Bäuerlein auch keine Antwort auf seine Klagen.
Monate und Jahre zogen ins Land. Das Bäuerlein, verarmter und zerlumpter denn je, bestellte weiterhin seinen ausgemergelten Acker. Stets zum vereinbarten Zeitpunkt erschien seine Frau, sein Sonnenschein, um ihm ein Schüsselchen mit von Holzmehl angereicherten Kartoffeln zu bringen. Und eines Tages, man befürchtet es längst, verfärbte der Himmel sich schwarz, ein furchtbarer Blitz durchbohrte die Wolken und tötete des Bäuerleins Frau.
Und so sank er auf die Knie, der untröstliche Landmann, rang die Hände und schrie zum heiligen Willy hinauf:
„Warum nur! Was habe ich dir denn getan? Ich bin arm und fromm, ein treuer Katholik. Warum hast du meine Frau erschlagen, heiliger Willy, ich bitte dich, so antworte mir doch.“
Da öffnete sich die dichte, düstere Wolkendecke einen Spalt breit. Ein gleißendes Licht schoss daraus hervor und die arg verquarzte, gleichwohl donnernde Stimme des heiligen Willy verkündete:
„Du hast mir gar nichts getan, Bäuerlein. Aber von Zeit zu Zeit gehst du mir eben ein bisschen auf die Nerven.“

Das Vorgebirge bei Knapsack. Hier arbeitet man hart und lebt gottesfürchtig.


Wer diese Kolumne zukünftig jeden Mittwoch zugeschickt bekommen möchte, schreibe eine Mail an thekentaenzer@netcologne.de, Stichwort: Die Köln-Kolumne.

Mittwoch, 13. April 2011

Momentaufnahmen (17)

Frauen sind anders. Männer auch

Schwangere Luder

Mann zu der Frau, die sonst immer Bier und Schnaps, heute aber nur Fassbrause trinkt: „Wat isn mit dir los, hastu deine Tage?“
Frau, so stolz wie sentimental auf ihr Bäuchlein weisend: „Nein, du Idiot, kuck doch mal!“
Mann, völlig von den Socken: „Schwanger?“
Frau, weiterhin extrem sentimental: „Ja, stell dir vor.“
Mann, nach kurzem Überlegen: „Dann hast du ja gevögelt, du Luder.“



Brunchende Genießerinnen

Vom ersten „Business- und Genießerinnenbrunch“ im „Haus der Familie“ in Rondorf berichtet der Stadt-Anzeiger folgendes:
„Am Sonntagmorgen gemütlich ein Glas Sekt und eine Tasse Kaffee trinken, plaudern und dazu immer wieder vom Büfett naschen, ist eine entspannte Angelegenheit. (...) Dazu eingeladen hatte die Diplom-Volkswirtin Kerstin Stromberg-Mallmann (...). ´Aus Geselligkeit können spannende Projekte entstehen´, sagte sie. Bei einem ähnlichen Treffen hätten sich zwei Frauen zusammengeschlossen und eine Firma für maßgeschneiderte Röcke gegründet. (...) Schon Tage vorher hatten sich 43 Frauen angemeldet, zum Brunch selbst kamen spontan noch etliche weitere vorbei. Am Ende waren es so viele, dass Sekt und Häppchen knapp wurden.“


Späte Mädchen

Kneipe, nachts, großer, schlanker, lallender Typ um die 40 mit langen Haaren: „So war das halt mit der Carola, du kennz die ja. Aber ich war auf der Schule mit der, die war ja nur zwei unter mir. Und die war eben ein spätes Mädchen, weißt du.“
Dicker, lallender Typ um die 40 mit Seehundschnäuzer: „Klar, eine die halt spät aus den Startlöchern kommt.“
Großer schlanker Typ: „Janee, aber eben auch, dass die bis sagenwirmal 17 aussieht wiene Vogelscheuche, und dann blüht die plötzlich auf.“
Dicker Typ: „Wie jetz?“
Großer schlanker Typ: „Ja dass die meinetwegen ihre Zahnspange wegschmeißt oder plötzlich die Haare anders hat oder so. Dass die anders riecht und dir is plötzlich klar, die kann man auch poppen und so.“
Dicker Typ: „Die Carola jetz oder wat?“
Großer schlanker Typ: „Ey, bist du jetz mein Kumpel oder nich? – Mit der war ich doch immerhin drei Jahre zusammen, du Arsch!“
Dicker Typ: „Mit der Carola?“


Kleine Jungs

Kleiner Junge: „Mama, Mama, wir sind erst hundert Meter gelaufen, und ich habe schon vier Porsche gesehen.“
Mutter: „Ja, Kind, wir sind in Düsseldorf.“


Wer diese Kolumne zukünftig jeden Mittwoch zugeschickt bekommen möchte, schreibe eine Mail an thekentaenzer@netcologne.de, Stichwort: Die Köln-Kolumne.

Mittwoch, 6. April 2011

Geschichten aus 1111 Nächten (5)

Einfache Fahrt nach Bitburg

Jean war durch eine geschickte Intrige in den Besitz eines renommierten Altstadt-Brauhauses gekommen. Das Geld floss in ähnlichen Strömen wie das Kölsch, alles lief bestens. Eines Tages jedoch kam sein Köbes in offensichtlicher Panik auf ihn zugestürzt. Jean fragte ihn nach dem Grund für seine Furcht, und der Köbes antwortete:
„Bitte, Chef, gib mir heut Abend frei!“
„Wieso das?“
„Gerade eben, als ich den Alter Markt überquerte, da stieß mich jemand an die Schulter. Und als ich mich umdrehte, sah ich den Tod, der mich starr anblickte.“
„Den Tod?“
„Genau den. Ich erkannte ihn sofort, er trug einen schwarzen Anzug und einen roten Schal. Tief in die Augen hat er mir geblickt, um mir Angst einzujagen. Der will mich holen, deshalb, bitte, lass mich sofort die Stadt verlassen. Wenn ich mich jetzt in mein Auto setze, kann ich in zwei Stunden in Bitburg bei meiner Mutter sein.“
Jean, der mit der Arbeit seines Köbes bislang immer recht zufrieden gewesen war, ließ ihn ziehen. Der zitternde junge Mann schmiss ein paar Sachen in den Kofferraum und düste los. Über die Rheinuferstraße zum Verteilerkreis und ab nach Süden. Richtung Bitburg.
Nach einem ausgiebigen Frühschoppen an seiner eigenen Theke beschloss Jean, einen kleinen Gang zum Alter Markt zu machen. Kaum sah er den Jan von Werth-Brunnen auftauchen, da entdeckte er auch schon den Tod. Sein Köbes hatte sich nicht geirrt, da stand der Leibhaftige in der Menge, groß und hager, die spitze, violett geäderte Nase lugte über einem roten Schal hervor, den er sich vors Gesicht gebunden hatte. Ohne dass man ihn bemerkte, ging der Tod von einer Gruppe zur nächsten, streifte hier mit dem Finger einen Mann an der Schulter, dort den Arm einer Frau mit Einkaufstasche und wich kurz vor dem Brunnen einem Kind aus, das auf ihn zurannte.
Jean ging auf den Tod zu, der ihn sofort erkannte und sich respektvoll vor ihm verneigte.
„Ich möchte dich etwas fragen, großer Sensenmann“, eröffnete Jean das Gespräch.
„Nur frei heraus damit“, antwortete der Tod.
„Mein bester Köbes, ein junger Kerl von 20 Jahren, ist kerngesund, fleißig, und beschissen hat er mich bislang auch noch nicht. Warum hast du ihn dennoch heute Morgen, als er zur Arbeit wollte, angestoßen und erschreckt? Warum hast du ihm drohend in die Augen gesehen?“
Der Tod wirkte überrascht und erwiderte:
„Ich wollte deinen Köbes beileibe nicht erschrecken. Und drohend angesehen habe ich ihn ebenfalls nicht. Es war lediglich so, dass, als wir uns in der Menge aus Versehen anrempelten, ich mein Erstaunen nicht verbergen konnte. Und das hat er wahrscheinlich als drohenden Blick empfunden.“
„Dann sage mir doch bitte, Sensenmann: Warum warst du so erstaunt?“
„Weil“, antwortete der Tod, „ich nicht erwartet hatte, ihn hier zu sehen. Denn schließlich habe ich heute Abend eine Verabredung mit ihm in Bitburg.“

Verängstigter Köbes


Wer diese Kolumne zukünftig jeden Mittwoch zugeschickt bekommen möchte, schreibe eine Mail an thekentaenzer@netcologne.de, Stichwort: Die Köln-Kolumne.