Mittwoch, 25. Mai 2016

Deutsche Sprichwörter (13)

Der Bonner Philologe Karl Simrock (1802-76) edierte unter anderem eine umfangreiche Sammlung deutscher Sprichwörter. Hier eine Wochenauswahl zum Thema: Probleme & Problemchen

# Es geht nichts über Reinlichkeit, sagte die alte Frau und wandte alle Weihnacht ihr Hemd um.

# Practica est multiplex, sagte der Bauer, zog sich einen Wurm und band den Schuh damit.

# Ofen, Bett und Kanne, sind gut dem alten Manne.

# Hat Paulus einen kranken Fuß, St. Peter drum nicht hinken muss.

# Was der Mutter ans Herz geht, geht dem Vater an die Knie.


Auch irgendwie problematisch

Wer diese Kolumne zukünftig jeden Mittwoch zugeschickt bekommen möchte, schreibe eine Mail an thekentaenzer@netcologne.de, Stichwort: Die Köln-Kolumne.

Mittwoch, 18. Mai 2016

Kölner Gespräche (50)
Heute: Michael Ross, Sherlock-Holmes-Experte und Buchhändler



Michael Ross wurde 1973 in Krefeld geboren. In Köln studierte er Anglistik, Germanistik und Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften. Als Jugendlicher entdeckte er seine Leidenschaft für Arthur Conan Doyle und dessen genialischen Helden Sherlock Holmes. Ross´ umfangreiche Sammlung zur deutschsprachigen Holmes-Literatur kann im Kriminalhaus Hillesheim (www.kriminalhaus.de) besichtigt werden. 2006 eröffnete er am Hermeskeiler Platz in Sülz die Buchhandlung Baskerville, die er zusammen mit seiner Frau führt. Die beiden wohnen in Lindenthal.

Kinder-, Köln- und Kochbücher, die üblichen Bestseller: Ich befinde mich hier in einer ganz gewöhnlichen Buchhandlung, sagt man sich. Hinten rechts jedoch steht ein dunkles Regal, wie ein Findling - das ist die Sherlock-Holmes-Ecke.


Warum lesen Menschen Krimis?

Ich denke, ein Anreiz ist, dass Krimis immer an die eigene Wirklichkeit angebunden sind. Gleichzeitig sind die Geschichten weit genug weg, um sich zwar gruseln zu können, aber nicht ängstigen zu müssen.

Hat es auch mit Sublimierung zu tun?

Wahrscheinlich schon. Je länger ich jedoch hier im Buchladen stehe und Krimis verkaufe, desto schwerer wird es mit den Motivationen der Leser. Als Klassiker gilt etwa: Die Kindergärtnerin braucht´s blutig ...

... und der Mörder war aber immer der Gärtner.

Genau, und die Kindergärtnerin liest gern vom mordenden Gärtner. Je weniger brutal der Alltag ist, desto härter darf der Krimi sein.

Verhindern zehn gelesene Morde einen echten?

Ich bin kein Psychologe, aber das glaube ich nicht. Früher kursierte die umgekehrte These: Krimikonsum stachele zu kriminellen Handlungen an. Anfang des 20. Jahrhunderts kam die Heftchenkultur auf, und mit ihr dieser Verdacht. Aber der ist inzwischen ja nun gründlich widerlegt. Wer Tom & Jerry guckt, haut auch nicht gleich jedem den Kopf ein.

Sie gelten als Sherlock-Holmes-Experte. Was bedeutet das?

Mitte der 80er Jahre interessierte dieses Art Literatur keinen Menschen. Aber ich als Jugendlicher entdeckte diese Geschichten und fand schließlich heraus, dass international eine verschworene Fan-Gemeinde von Sherlockianern und Holmesologen existiert.

Ähnlich den Donaldisten?

Ja, die haben sich einiges bei uns abgeschaut. Es geht um eine pseudowissenschaftliche, durchaus auch humorvolle Beschäftigung mit dem Thema - bei genauer Kenntnis aller Details, versteht sich.

Wie fing das bei den Sherlockianern an?

Mit einem Theologen, der in den 20ern zeigte, wie aberwitzig es sein kann, bei Arthur Conan Doyle Textanalyse zu betreiben. Er fand etwa heraus, dass Dr. Watson mal unter einer Schulter-, mal einer Beinverletzung leidet. Die Krimiautorin Dorothy Sayers hat mal gesagt: Dieses Spiel betreibt man mit demselben Ernst wie Cricket auf dem Land.

Also: Spaß und Ernst reichen sich die Hand, und danach geht man einen trinken?

Genau. (lacht)

Sie bearbeiten zuweilen auch Aufträge als Holmes-Experte. Welche zum Beispiel?

Immer wieder gern mache ich die Untertitel für die neue Sherlock-Serie mit Benedict Cumberbatch. Auch die deutschen DVD-Texte zu dem gerade Ostern ausgestrahlten Special sind von mir. Und in den Booklets kann ich darüber hinaus mein Hintergrundwissen beisteuern. Diese modernen Folgen sind voller Anspielungen auf das Original.

Zum Beispiel?

In der 1. Folge der 2. Staffel bleibt Dr. Watsons Besucherzähler auf der Homepage bei 1895 hängen. Das ist eine Anspielung auf das Gedicht des amerikanischen Holmes-Forschers Vincent Starrett , das mit den Zeilen endet: „Though the world explode/ these two survive/ and it is always eighteen ninety-five.“ 1895 war die Hochphase der Sherlock-Literatur.

Ein echter Insiderwitz also.

Genau, das versteht weltweit nur eine Handvoll Menschen, darunter Freaks wie die Drehbuchautoren von „Sherlock“.

Warum Doyle und nicht der als literarischer eingestufte Edgar Allan Poe?

Doyle hat mal gesagt: Wenn jeder Schriftsteller, der Poe etwas verdankt, ein Zehntel seines Honorars für ein Poe-Denkmal spendet, würden die Pyramiden von Gizeh neu gebaut werden.

Sprich: Alle Autoren profitieren von Poe.

Ja, auch Doyle. Poe ist zuweilen sehr abstrakt und philosophisch. Aber der Hauptgrund, warum die Doyle-Gemeinde größer ist, liegt vielleicht darin, dass Sherlock ein echter Serienheld ist. Bei Poe fallen oft gar keine Namen, sein Detektiv Dupin taucht nur in drei Geschichten auf.

Arthur Conan Doyle fuhr unter anderem auf einem Walfängerschiff. Wo spielten sich Ihre Abenteuer ab?

Doch eher in Buchwelten, muss ich zugeben. Mütterlicherseits gibt es in meiner Familie einige Weltenbummler, und mein Bruder arbeitet als FAZ-Journalist in Washington. Ich bin jedoch offenbar väterlicherseits geprägt und deshalb sesshafter.

Und Sie haben eine umfangreiche Holmes-Sammlung zusammengetragen, die inzwischen im Hillesheimer Kriminalhaus untergebracht ist.

Das Bedeutendste an dieser Sammlung ist ihre Vollständigkeit. Ich habe ab den 90ern versucht, alles an deutscher Holmes-Literatur zusammenzubringen, was überhaupt nur existiert. Darunter sind etwa alle 37 Ausgaben des „Hunds der Baskervilles“ oder die türkische Übersetzung eines deutschen Holmes-Heftchen aus den 1920ern.

Sein Name stammt möglichrweise von „shear lock“ und bezeichnet jemanden mit einer Kurzhaarfrisur. Welches Bild hatten Sie als Jugendlicher von Sherlock Holmes?

Das war sehr stark durch Verfilmungen geprägt, bei mir vor allem durch die Serie mit Jeremy Brett in den 1980ern und 90ern. Ich visualisiere allerdings selten beim Lesen und habe ein unglaublich schlechtes Gedächtnis für Gesichter.

Können Sie unseren Fotografen beschreiben, dem Sie vor 15 Minuten die Hand geschüttelt haben?

(Günther Meisenberg sitzt mit seiner Kamera etwas abseits. Michael Ross blickt weiter mich an und sagt:)

Keine Chance, genau das ist es. Zum Glück musste ich noch nie als Zeuge jemanden identifizieren.

In den jüngeren Verfilmungen wird Holmes stets als exzentrische Figur dargestellt. Warum?

So war er bei Doyle auch schon: ein Morphium und Kokain konsumierender, blasierter, unhöflicher, genialer Bohemien. Jeremy Brett sagte mal: Ich würde nicht die Straße überqueren, um ihm die Hand zu schütteln. Gemeint war: Holmes war alles andere als ein netter Kerl.

Der Autor Doyle war Mediziner und hat mit Holmes eine Figur von hochanalytischem Verstand geschaffen. In späten Jahren mutierte Doyle allerdings zum Mystiker, der u.a. an Feen glaubte.

Das stimmt, er stand damit allerdings nicht alleine. Es gab einen nicht kleinen Zirkel von Wissenschaftlern, die versuchten, das scheinbar Überirdische real zu beweisen. Heute weiß man, sie haben sich von Schaubudentricks blenden lassen.

Wieso wohl?

Ein Grund mag der Erste Weltkrieg sein. Doyle hat Sohn, Bruder und viele Verwandte dort verloren, und viele Menschen hofften damals, doch noch einmal irgendwie Kontakt mit den Verstorbenen herzustellen. Doyle hat ein Großteil seiner Sherlock-Tantiemen für den Spiritismus verpulvert.

Holmes lässt zuweilen die Täter entkommen. Wie interpretieren Sie das?

Nun ja, ihn interessiert nur die Lösung des Rätsels. Die Verurteilung der Täter ist nicht seine Sache. Auch hierin spiegelt sich sein gesellschaftliches Außenseitertum.

Man könnte das auch amoralisch und anmaßend, eine Form der Selbstjustiz nennen.

Ist es auch, klar. Vereinbar mit unseren Normen war und ist das nicht. Ringt einem Respekt ab, wenn jemand so über den Dingen steht, auch wenn ich´s nicht zur Nachahmung empfehle.

Drei Entweder-oder-Fragen: Whodunnit oder Howdidhedoit?

Howdidhedoit.

Holmes oder Watson?

Watson.

Hans Albers oder Benedict Cumberbatch?

Cumberbatch, ganz klar. Wobei ich den Film mit Hans Albers großartig finde. Aber Albers ist viel mehr ein deutscher Heftroman-Holmes als der von Conan Doyle.

Sie führen hier mit Ihrer Frau eine eigentlich normale Buchhandlung. Verkaufen sie dennoch mehr Doyle-Bücher als Ihre Kollegen?

Früher war das so, weil ich schon - zum Teil antiquarische - Doyle-Bücher vorrätig hatte, bevor dieser Trend aufkam. Die Neuverfilmungen und die angesprochene Serie der BBC haben inzwischen einen Boom ausgelöst und sorgen auch für Neuübersetzungen auf dem Buchmarkt. Was soll ich sagen: Hab ich nix gegen!


Mittwoch, 11. Mai 2016

Deutsche Sprichwörter (12)

Der Bonner Philologe Karl Simrock (1802-76) edierte unter anderem eine umfangreiche Sammlung deutscher Sprichwörter. Hier eine Wochenauswahl zum Thema: Essen & Trinken

# Der Neid mag nichts essen außer sein Herz.

# In den Monaten ohne R soll man wenig küssen und viel trinken.

# Jedem ist sein Maß bestimmt, zu trinken und zu buhlen: Tut er´s bald, so ist er früh fertig.

# Die ganze Nacht gesoffen ist auch gewacht.

# Kurze Predigt, lange Bratwürste.

Auch lecker

Wer diese Kolumne zukünftig jeden Mittwoch zugeschickt bekommen möchte, schreibe eine Mail an thekentaenzer@netcologne.de, Stichwort: Die Köln-Kolumne.

Mittwoch, 4. Mai 2016

Coloniales (60)

Der Ferrari und die Villa in Poppelsdorf

Folgendermaßen lautet die Inschrift auf der „Schmitz-Säule“ vor Groß St. Martin:

An dieser Stelle lag einst, vom Rhein umflossen, die Martins-Insel. Vor dem Jahre 1000 n. Chr. wurde sie, durch Anschüttung des römischen Hafens, mit dem linksrheinischen Kölner Ufer verbunden.
Auf dieser Insel trafen sich römische Legionäre mit blonden Ubiermädchen – Urahnen der Familie ›Schmitz‹.

Damit dürfte klar sein, warum „Schmitz“ als der kölscheste aller Nachnamen gilt. Tatsächlich belegt dies ein Blick in die Telefonlisten der Telekom: 1.383 Kölner Schmitz-Anschlüssen stehen lediglich 166 in München und 137 in Hamburg gegenüber. Selbst im Stadtstaat Berlin melden sich gerade einmal 220 Haushalte mit „Schmitz“.

Genauso heftig ist der Niederschlag des Namens im Kölner Liedgut: Da hat die Sybille Schmitz (et Schmitze-Billa) „in Poppelsdorf en Villa“, und „dem Schmitz sing Frau es durchjebrannt“, während am „Langen Samsdaach en d’r City“ „de Frau Schmitz ihr Marieche“ sucht. Und wer jetzt noch nicht „Schmitz-Backes“ ist, dem dürfte nicht mehr zu helfen sein.

Seinen Ursprung hat der Zuname im Beruf des Schmiedes. Und weil in vergangenen Zeiten jedes Dorf seinen Grob-,, Klein- und Hufschmied hatte, liegt er auch heute noch vor Müller an erster Stelle der Häufigkeitstabelle.* Nicht anders im Ausland: Was den Kölnern der Schmitz, ist den Engländern der Smith, den Polen der Kowalski und den Serben und Kroaten der Kovac. Der italienische Schmied hat es sogar zu Weltruhm gebracht – er heißt dort Ferrari.

* Jedenfalls wenn man sämtliche Varianten wie Schmidt, Schmitt, Smid usw. zusammenrechnet.


Quelle: Wikipedia