Mittwoch, 31. August 2011

Geschichten aus 1111 Nächten (10)

Das erste Kölsch

Anton war 12 Jahre alt geworden, als der Hl. Willy entschied: „Es ist an der Zeit, dass du dein erstes Kölsch trinkst. Lass uns zum Sünner gehen.“
Anton fürchtete sich ein wenig vor dem Gerstensafte, denn, einmal daran gerochen, schien er ihm doch gar zu eigenartig. Andererseits wollte er den Buben seines Alters in nichts nachstehen, und seinem Lehrer widerspricht man ohnehin nicht. Also willigte er ein und beschloss insgeheim, sich nichts anmerken zu lassen.
„Nun sag schon“, drängte der Hl. Willy, „wie findest du das Kölsch? Schmeckt es dir gut, wie sich das für einen Kölner gehört?“
Den kleinen Anton schüttelte es heftig, aber er antwortete tapfer: „Ja, Hl. Willy, ich finde es außerordentlich lecker.“
Der Hl. Willy lächelte listig und wohl auch ein wenig boshaft, um dann weiter auf den Jungen einzudringen: „Dann sage mir doch, mein Sohn: Wo befindet sich der Geschmack? Im Bier oder auf deiner Zunge?“
Anton dachte lange nach. Beinahe ohne es zu bemerken, nahm er gar noch einen Schluck des garstigen Getränks, um seine Sinne zu befeuern. Endlich erwiderte er: „Der Geschmack entspringt wohl einer gegenseitigen Abhängigkeit zwischen dem Bier und meiner Zunge, denn letztere, ohne ersteres, könnte doch wohl kaum ...“
Der Hl. Willy verdrehte die Augen, baute sich vor dem Kleinen auf und unterbrach ihn brüsk: „Du Viollidiot! Wonach suchst du? Das Kölsch ist gut. Und das genügt.“

Brauhaus Sünner, um 1900, Deutzer Freiheit


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Mittwoch, 24. August 2011

Straßenkämpfer (18)

Ernie der Otter

Sein Holz reichte noch für vier Jahre. Eigentlich hatte Ernie sich genau danach richten wollen, nach dem Holz. Aber dann packte er doch seine paar Sachen und verließ die kleine, schäbige Hütte.
In der Stadt erkannten sie ihn nicht wieder. Sein langer, grauer Bart und auch, dass er Selbstgespräche führte, machte die Leute misstrauisch. Erst als sie ihn Whiskey trinken sahen, schienen sie ihn als Menschen in ihrer Menschenrunde aufzunehmen.
„Nun kuck dir den alten Runzelspecht an“, sagte ein junger Kerl vom Ende der Theke, „trinkt Whiskey wie ein Otter.“
Und damit war Ernie ja doch wieder irgendwie nur ein Tier.
Und da stand er also: Ernie Otter im Saloon seiner Wahl bestellte sich einen Whiskey.
„Geht klar, Ernie“, sagte der Wirt.
Er trug eindreckiges altes Handtuch über der Schulter, und als er sich nach dem Schnaps umdrehte, fiel Ernie die schwarze, krustige Delle in seinem Nacken auf.
„Was hast du denn da für ein widerliches Loch im Nacken?“ fragte Ernie.
„Ne alte Schusswunde“, sagte der Wirt, „geht dich garnix an, Ernie.“
„Na, aber für ne gute Geschichte aus alten Zeiten bin ich immer zu haben“, hakte Ernie nach.
„Trink deinen Schnaps und halt´s Maul“, sagte der Wirt.
Aber dann, viel später, stellte sich ein steinalter Cowboy neben Ernie, und der erzählte ihm die Geschichte von der Schusswunde. Ernie amüsierte sich hervorragend beim Zuhören, aber er war zu dem Zeitpunkt schon dermaßen besoffen, dass er am nächsten Morgen alles komplett vergessen hatte.

Später hat Ernie es dann doch noch zu was gebracht



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Mittwoch, 17. August 2011

Thekentänzer (48)

Mit Patrick Duffy aufm Frauenklo

Es gibt kein
schlechtes Wetter, es gibt nur
schlechten Alkohol. Verstehst du, ich

bin nicht über dir, aber ich bin
dir über. Das ist,
das ist Dialektik. Mindestens.

Und hast du etwa wirklich heimlich
aufm Frauenklo
Bier gesoffen? Du

hast doch noch Bewährung, du
klaust Klopapier, Benzin-
Feuerzeuge und alles.

Und sagt der, er war Fußballtrainer,
2. Liga Brasilien, und sagt beim nächsten Mal
Eishockeytrainer, Kanada. Auch 2. Liga.

So Typen, weißte, Patrick Duffy
erinnert mich immer an die Daltons. Wie der
so guckt und wie der so scheitert.

Und klar, ich hab meine Fehler, aber
ich bin klug, ich bin
nicht artig, ich bin

abartig.

Irgendwann wird alles gut


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Mittwoch, 10. August 2011

Geschichten aus 1111 Nächten (11)

Hüpfende Fische

Anton und Jean waren auf dem Weg zu einer Feier im Rechtsrheinischen. Weil Anton zu knapp bei Kasse und Jean zu geizig war, beschlossen sie, zu Fuß zu gehen. Eben überqueren sie die Deutzer Brücke, als sich folgender Dialog entspinnt:
Anton: „Ich habe fürchterlichen Durst.“
Jean: „Oh Gott, ich auch, vielleicht sollten wir zur Ablenkung ein bisschen philosophieren.“
„Nein, auf keinen Fall!“
„Schau doch mal, da unten, der Rhein. Und wie die Fische vor Freude in die Luft springen.“
„Du bist doch gar kein Fisch. Du bist doch bloß der Jean. Wie also kannst du wissen, was Fischen Freude bereitet?“
„Lieber Anton, du hast zwar eine dicke rote Nase, aber das Hirn eines Herings“, erwiderte Jean. „Und du bist ganz sicher nicht ich. Wie kannst du also wissen, dass ich nicht weiß, was Fischen Spaß macht?“
„Und du bist ein schmieriger Aal. Schon immer gewesen. Es stimmt, ich bin nicht du, und da bin ich auch froh drum. Ich weiß nicht, was du weißt und was nicht. Aber eines weiß ich ganz gewiss, nämlich, dass du kein Fisch bist. Und also weißt du auch nicht, ob die Fische vor Freude hüpfen oder vielleicht weil sie Durst haben.“
„Wir wollten doch nicht über den Durst reden. Aber lass mich noch einmal auf deine Eingangsfrage zurückkommen. Du hast mich gefragt: ´Wie kannst du wissen, was Fischen Freude bereitet?´ - Und so, wie diese Frage formuliert ist, räumst du bereits ein, dass ich die Antwort weiß.“
Anton gestand sich ungern ein, dass Jean recht hatte. Vor allem, weil sein schielender Freund schon immer ein furchtbarer Besserwisser gewesen war. Aber dieses Mal musste er nachgeben.
„Na gut, das gebe ich zu. Aber wie konntest du es wissen?“
„Ganz einfach, mein Lieber, ganz einfach: Indem ich die Deutzer Brücke überquerte.“

Die Deutzer Brücke, 2. v.u.


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Mittwoch, 3. August 2011

Momentaufnahmen (18)

Zigeunereinschlag, Berufsboxer, Analphabet

Zwei Mädels um die 16 in der Straßenbahn

Mädel 1: „Die Spanier spinnen sowieso. Die übersetzen einfach alle Namen.“
Mädel 2: „Ja wie jetzt?“
Mädel 1 „Die übersetzen alle Namen auf Spanisch, dass man die gar nicht mehr wiedererkennt.“
Mädel 2: „So´n Quatsch, weil ich heiße doch, wie ich heiße.“
Mädel 1: „Ja aber Charles heißt bei denen Carlos.“
Mädel 2: „Carlos?“
Mädel 1: „Ja, Carlos. Also der Prinz Charles heißt bei denen Prinz Carlos.“
Mädel 2: „Die spinnen ja echt, ey. Wie können die denn sowas machen?“


Deutscher Student mit us-amerikanischem Freund im Tunnel am Rudolfplatz

Deutscher Student: „Du kannst bei mir mitfahren.“
Amerikanischer Student: „Echt?“
Deutscher Student: „Ja, das ist so ein Angebot von der KVB, das sind die Kölner Verkehrsbetriebe.“
Amerikanischer Student: „Ist ja toll, sowas gibt´s bei uns nicht.“
Deutscher Student: „Ja, finde ich auch.“
Pause. Beide Jungs sehen eine Weile aus dem Fenster.
Amerikanischer Student: „Aber dafür habt ihr in Deutschland keinen Strand.“
Deutscher Student: „Doch, im Norden.“
Amerikanischer Student: „Okay, aber wir haben überall Strand.“
Deutscher Student: „Okay.“



Deutscher Strand mit Bockwurst, Bansin/Usedom


Osteuropäische Kellnerin, beliebte Innenstadtkneipe

„Heutige Prominente, wenn die hier reinkommen, dann sieht man nur die Löcher von der Nase von denen. Aber der Hans Süper , das ist ein ganz normaler Mensch geblieben.“


Aus dem „Spiegel“ vom 18.6.1952

„Peter Müller, in der Eifel als Sohn einer asozialen Familie geboren (Zigeunereinschlag), war gelernter Melker und kam 1947 durch das Boxen nach Köln. Als er die ersten Berufsboxer-Kontrakte unterzeichnen sollte, konnte er noch nicht seinen Namen schreiben. Er war Analphabet.“


Fußballheim, Kölner Süden

Person 1: „... der ist doch bestimmt Jude, oder sach mal...“
Person 2: „... ja, das ist ein echter Vaterlandsverräter ...“
Person 1: „... wie der das Auto parkt, direkt vorm Tor, der kann nur Jude sein...“


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