Mittwoch, 28. Oktober 2009

Momentaufnahmen (6)

... und Tom Waits wird auch langsam alt

Bahnlinie 12, Zollstock
1. Frau: „Gestern war ich zum ersten Mal dieses Jahr auf der Sonnenbank.“
2. Frau: „Wieso?“
1. Frau: „Hach, ich brauchte einfach mal so´n paar UV-Strahlen.“

Einbahnstraße, Friesenviertel
Alter Anwohner zum gegen die Einbahnstraße radelnden Fahrradfahrer: „Können Sie keine Verkehrsschilder lesen?“
Fahrradfahrer: „Jank drieße, do ahlen Essel.“
Besonders schön: Das weiche Doppel-s.

Café, Belgisches Viertel
Mann: „Ich will nicht, dass Tom Waits alt wird.“
Frau: „Is klar, Schatz, du kriegst ne Glatze.“

Autokino Porz, Markttag
Marktfrau: „Sie machen Kontrolle, ne?“
Ich: „Nein.“
Marktfrau: „Sie kontrollieren die Preise, ne!“
Ich: „Nein.“
Marktfrau: „Aber Sie schreiben ja die ganze Zeit, Sie sind bestimmt von der Zeitung!“
Ich: „Nun ja.“
Marktfrau: „Das is´n richtiger Türkenmarkt geworden hier. Keine Parkplätze kriegste hier mehr, nur noch Türken.“
Ich: „Keine Parkplätze?“
Marktfrau: „Nee, aber überall Türken. Wir kommen aus Bonn, wissense. Da gibt es sowas nicht.“
Ich: „Parkplätze?“
Marktfrau: „Nee, Türken.“

Grundschüler, Rodenkirchen
„Die Römer haben alles erobert, außer die Gallier, die waren dann alle in ihrem Dorf. Aber dann sind die Germanen gekommen und haben die Römer vertrieben, und dann wurde Krieg und Köln war sehr kaputt und alle mussten in die Keller.“

Kneipe, Alter Markt
1. Engländer: „After I did it for the first time, you know what I did?”
2. Engländer: „What?“
1. Engländer: „I cried.“


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Mittwoch, 21. Oktober 2009

Thekentänzer (18)

Unbedingt Umluft

Mit dem Ausziehen der Lederjacke legt der Typ ein Motörhead-T-Shirt frei, dessen schwarze Ärmel nahtlos in zwei zutätowierte Arme übergehen.
„So´n Macintosh ist letztlich auch nur n Mensch“, sagt er. „Manchmal braucht der n bisschen Wärme.“
„Versteh ich jetzt nicht“, antworte ich aufmunternd. Schließlich habe ich zu dieser frühen Stunde so gut wie nichts zu tun, und der Express-Mann war auch noch nicht da.
„Ja, manchmal muss man einfach die Platine in den Backofen tun und bisschen aufdrehen. Dann läuft der wieder, der Mac.“
Der dicke Türke sieht ihn von der Seite verständnislos an. Seit er hier ist, hat er ein Kölsch, aber vier Kippen weggezogen. Jetzt legt er einen Fünfer auf die Theke:
„Gibs du mir Packung Davidoff Classic.“
„Hier ist Selbstbedienung“, sage ich, „der Automat steht hinten am Klo.“
„Was?“
„Davidoff ham wir hier nicht.“
„Ah, gutt.“
„Ich war mal der Camel-Kopf“, sagt der Tätowierte. „Auf Programmierer, das war nur ne Umschulung. Vorher Schauspieler, völlig erfolglos, kannste dir ja denken. Aber mal der Kopf vom Camel-Kamel, bei ner ziemlich großen Benefiz-Sache.“
„Und hinter dir im Kostüm noch´n anderer?“
„Noch zwei. Einer der Höcker, einer Hintern.“
„War heiß, wa?“
„Wie Hölle, und konntste noch nichma rauchen unter dem Ding.“
Gegenüber tritt ein älterer Mann im Trainingsanzug aus dem Haus. Er humpelt stark, sieht nach frischer Operationsnarbe aus. Drei Schritte, dann bleibt er stehen und hält sich an einem Laternenmast fest. Die Packung des Türken ist endgültig leer, er geht. Zum Glück sind gerade zwei neue Gäste gekommen. Einer von ihnen trägt einen braunen Anzug und sieht recht aufgeweckt aus.
„Entweder allein, oder eine ewig betrunkene Frau um die Ohren – das ist das Drama meines Lebens“, sagt der Programmierer. Und bevor ich jetzt in eines der üblichen Beziehungsgespräche eintauchen muss, nimmt mir der Aufgeweckte die Last ab.
„Was willst du mit Frauen“, sagt er. „Ich hab sieben Gitarren, für jeden Tag eine.“
„Die haben aber alle keine Titten.“
„Ob du´s glaubst oder nicht“, sagt der Aufgeweckte, „aber genau das hab ich kommen sehen.“
„Was jetzt?“
„Das spürt man einfach schon beim Annähern, was für ne Stimmung in einer Kneipe herrscht. Also, dass ich schon vor ner Minute wusste, was fürn Gespräch ich jetzt hier mit dir führe.“
Der Tätowierte blickt nun mich an.
„Will der n paar auf die Manschette oder was?“
Auf der anderen Straßenseite schleppt sich der frisch Operierte zurück in seinen Hauseingang. Kurz danach passiert der dicke Türke das Fenster, intensiv qualmend. Die Tür geht auf, nacheinander stolpern 17 junge Männer herein.
„17 Veltins“, sagt der Anführer.
„Wir haben hier weder Veltins noch Davidoff Classic.“
„Dann sag mir doch mal: Wie weit isset denn von hier zu Fuß bis zum Paschapuff?“
Genauso weit wie mit dem Auto, müsste ich jetzt antworten. Tue ich aber nicht. Der Programmierer leert sein viertes Weizen, und als er mich angrinst, kommt er mir vor wie mein bester Freund.
„Also hör zu“, sagt er, während ich 17 Kölsch zapfe. „220 Grad sind okay für so ne Platine. Aber eins ist ganz wichtig, schreib dir das auf!“
Wie im Tran greife ich tatsächlich zu einem Stift und sage: „Ja?“
„Auf Umluft, den Ofen. Unbedingt Umluft!“



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Mittwoch, 14. Oktober 2009

Coloniales (25)

Der Frechener Bach

Nach Marsdorf fährt man eigentlich nur, wenn man etwas kaufen will. Ein Auto zum Beispiel, oder zumindest einen neuen Fernseher. Denn dieser Vorort ganz im Westen der Stadt wurde als reines Gewerbegebiet aus dem Boden gestampft. Aber so steht man dann da an der Haltestelle der Linie 7 und sieht plötzlich diese beiden Rinnsale. Eine steile grüne Böschung und in deren Sohle ein kleiner Bach, der in einer Betonschale von West nach Ost fließt; und der sich ein paar Meter dahinter in eine weitere Halbröhre ergießt, die wie ein Strich von Süden nach Norden verläuft.
Es sind der Frechener Bach und der Südliche Randkanal, von denen hier die Rede ist. Ursprünglich stand der bei Frechen entspringende Quell in sehr engem Kontakt zum Kölner Westen. Als nämlich 1895 der Stadtwald angelegt wurde, nutzte man sein Wasser zur Speisung des neuen Stadtwaldweihers. Weil dabei jedoch zu viele Abwässer und Sinkstoffe mitgeführt wurden, installierte man schon 1899 eine Pumpstation und ließ den Frechener Bach versickern.
Die linksrheinischen Gewässer sind durch den Braunkohleabbau im Vorgebirge stark beeinträchtigt worden. Auch der Frechener Bach wird heute kaum noch von Grundwasser, sondern von Regenwasser sowie Wasser der Frechener Kläranlage gefüttert. In Marsdorf, wo er auf den Randkanal trifft, sieht man noch ein ungenutztes Wehr und eine Ableitung des Baches, die ihn mittels einer Brücke über den Kanal führen könnte. Auch das ehemalige Bett, das ihn entlang der Dürener Straße weiter gen Köln führte, ist noch leidlich intakt. Im Rahmen des Projektes Regionale 2010 soll dieser Lauf des Frechener Baches in den nächsten Jahren renaturiert werden – es wäre dies ein echter Gewinn für das linksrheinische Landschaftsbild. Wie beim weiter südlich fließenden Duffesbach wäre dann am Militärring jedoch endgültig Schluss.


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Mittwoch, 7. Oktober 2009

Coloniales (24)

Business-likes Verhalten

Ich habe auf dem Mitarbeiterfest eines großen Konzerns gelesen. Der Konzern leistet sich eine Eventabteilung, die ein Eventunternehmen engagiert hatte, um das Fest zu organisieren. Das Eventunternehmen nahm noch ein paar kleinere Veranstalter mit ins Boot, deren einer dann eben mich vorschlug. Die Arbeit war gut bezahlt, aber keine Angel ohne Haken. Hier ist er, es handelt sich um das Schreiben der obersten Eventagentur an alle Mitwirkenden:

Rauchverbot
Es gilt ein Rauchverbot für alle Gäste im ganzen Gebäude, auch auf den Terrassen. Vor dem Haupteingang stehen zwei Aschenbecher für die Raucher zur Verfügung.

Verhalten
Es handelt sich um eine interne Kundenveranstaltung, business-likes Verhalten sowie entsprechende Kleidung ist erwünscht, obwohl es sich um ein Freizeitprogramm für die Gäste handelt.
Das oberste Gebot der Veranstaltung den Gästen gegenüber ist absolute Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft. Der Gast soll sich bei Ihnen wohl fühlen und hat generell immer Recht. Zeigen Sie ihm, dass Sie Ihren Job gerne machen und sich wirklich freuen, dass er da ist. Wir freuen uns, wenn Sie unseren Gästen auch über Ihren Vortrag hinaus für Tipps rund um Köln und das Kölsche Leben zur Seite stehen.
Wir bemühen uns für alle Beteiligten den optimalen Rahmen zu erreichen. Doch wie das im Leben so ist, es klappt nicht immer alles. Schön wäre, wenn Sie das mit Gelassenheit zur Kenntnis nehmen würden und vor Ort unsere Projektleiter unterstützen.
Tabu sind Kaugummi kauen oder am Einsatzort Zigarette rauchen.

Business-liker und gelassener denn je,

Bernd Imgrund



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