Mittwoch, 26. August 2015

Deutsche Sprichwörter (8)

Der Bonner Philologe Karl Simrock (1802-76) edierte unter anderem eine umfangreiche Sammlung deutscher Sprichwörter. Hier eine Wochenauswahl zum Thema

Eheliches und Außereheliches

# Im Dustern ist gut schmustern.

# Schön und Fromm stehen selten in einem Stall.

# Der Mann taub und die Frau stumm gibt die besten Ehen.

# Wenn die Henne zum Hahn kommt, vergisst sie der Küchlein.

# Ein wenig Sünde wärmt und macht schönen Teint.


Faust und Mephistopheles – dustere Gesellen

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Mittwoch, 19. August 2015

Coloniales (56)

Die Reisen des „Ruhenden Verkehrs“

Im Oktober 1969 betonierte der Fluxuskünstler Wolf Vostell vor einer Kunstgalerie an der

Domstraße 81

einen Opel Kapitän ein, bei laufendem Motor und Autoradio. Weil sein „Ruhender Verkehr“ den fließenden störte, musste er umziehen: Bis 1986 stand er vor der Kunsthalle am

Josef-Haubrich-Hof,

um danach vor dem Ufa-Palast am

Hohenzollernring

auf dem Mittelstreifen zu landen. Dort jedoch blockiert er – entgegen der Idee seines Schöpfers – keinen

Parkplatz,

sodass er, das wünschen sich jedenfalls nicht wenige Kölner, möglicherweise irgendwann einmal wieder auf der

Domstraße 81*

stehen wird.



* Im Gebäude der ehemaligen Galerie befindet sich heute die LoRe, das Lobby-Restaurant (nicht nur) für Berber.


Foto: I, VollwertBIT/Wikimedia Commons

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Mittwoch, 12. August 2015

Coloniales (55)

Fachchinesisch im 17. Jahrhundert

Die Kneipen vor den Toren der Stadt waren im 17. Jahrhundert beliebte Ausflugsziele des einfachen Volkes. Den Ratsherren jedoch waren diese zumeist in wilden Saufereien endenden Pilgerzüge ein Dorn im Auge. Auf Amtskölnisch klingt ihr Urteil* – in einem Satz! – folgendermaßen:

Als Von deme fast täglichs, insbesonderheit an heyligen Sonn- und Feyertagen sich Zutragendem heuffigem Auß- und Zulauff des gemeinen Volcks auß hiesiger Statt, nach dem, nechst vor der Eigelsteins Pfortzen gelegenem Zum Nippes genentem ohrt, Und daheselbst verkauffendem schädtlichen gebrendtem Gewäßer, und unduchtigem alhie verbottenem underhäupt Bier, wadurch nicht allein der schuldiger Gotteßdienst vernachläßiget, der Sinn und Verstand den Menschen geschwindt benohmmen, und alßo zu allerhandt Sündt und Lasteren das Thor eröffnet Wirt, sondern auch bey starckem und späten abendlichem Zurück- und Einlauff des Volcks gegen eines ehrsamen hochwürdigen Raths jüngsthin ernewerte Edicta, allerhandt Frembde, Lediggänger, Betler und dergleichen Unnutzes gesindtlein Vermischt mit einschleichen, in rhatsstatt erwehnung beschehen, Ist zeitlich Regierendem Herrn Bürgermeister von Cronenberg alß Vornembsten Kriegscommissario, daßjhenig, Waß zu dessen nötiger Remedyrung, wegen frühe zeitiger Verschließung der Eigelsteins Pforten an besagten Son- und Feyertägen, oder wenigs eintziger Offenhaltung der also genänter Steringen, Zu beßerer observation und entscheidung der einkommender vorschlagen, oder ihre Herrschaft sonsten darzu dienlich und rathsamb Zu sein erkennet werden, der gebühr anzuschaffen commission und macht auffgetragen worden.


* Die Vorlage stammt vom 15.9.1670 und bezieht sich in diesem Fall auf Nippes. Die Unregelmäßigkeiten der Groß-, Klein- und Rechtschreibung entsprechen der Vorlage.

Wer zuviel trinkt, macht sich zum Affen


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Mittwoch, 5. August 2015

Interviews (37)

Heute: Die Kölner Modemacherin Ines Rust

"Unsere Riesen heißen Zara und H&M, die müssen wir noch schlagen."

Ines Rust wurde 1977 in Porz geboren und wuchs in Overath auf. Nach dem Abitur absolvierte sie in Köln eine Ausbildung zur Bekleidungsfachassistentin, studierte Modedesign in Florenz und hing zur Vertiefung ihrer betriebswirtschaftlichen Kenntnisse noch ein Studium des Textil- und Bekleidungsmanagements in Mönchengladbach an. Erste Jobs führten sie zur Modefirma Blutsgeschwister in Stuttgart und zu Tom Tailor nach Hamburg.
Zusammen mit Gabriel Fellsches und Marian van Rappard gründete sie 2013 im Eigelstein das Modelabel Dawn, das sich ganz auf hochwertige Jeans-Kleidung spezialisiert hat.
Ines Rust wohnt abwechselnd in Köln, Hamburg und Vietnam.

Der Eigelstein morgens um 11: Gegenüber dem Dawn-Büro stehen die ersten rauchenden Gäste vorm Weinhaus Vogel. Ein Hauch von frühem Döner hängt in der Luft, und auf der engen Straße tummeln sich die Eckensteher und Flanierer.

Ihr Büro liegt direkt am Eigelstein. Empfinden Sie den als kreatives Umfeld?

Das ist hier sicher kein klassisches Design-Umfeld ...

... wir sind nicht im Belgischen Viertel ...

... genau. Der Eigelstein ist dagegen sehr authentisch, und die Leute hier sind direkt. Das gefällt mir, das passt zu uns.

Sie haben unter anderem in Italien und Stuttgart gelebt.

Italien empfand ich als Köln-nah, Stuttgart hingegen war eine komplett andere Welt. Da setzen sich die Leute möglichst weit weg voneinander, weil jeder seinen eigenen Raum sucht.

Verbringen Sie im Eigelstein auch Ihre Freizeit?

Ich pendele zwischen Köln, Hamburg und Vietnam, wo unsere Produktion steht. Die Zeit, die mir bleibt, verbringe ich dann lieber mit Freunden und der Familie.

Nach diesem Interview müssen Sie nach Düsseldorf. Was machen Sie da?

Ich treffe mich mit einem Fitting Model. In Düsseldorf haben wir einen Showroom, und da lagert unsere Musterkollektion. Köln, sage ich mal vorsichtig, kann im Bereich Mode durchaus noch ein bisschen gewinnen.

Trotz Ehren- und Mittelstraße?

Das sind Verkaufsstraßen, aber ich spreche von Modemachern. Mir war immer klar: Wenn ich in dem Bereich arbeiten möchte, muss ich weg aus Köln.

Wie kommt´s? Wird hier alle schneiderische Kreativität in Karnevalskostüme invstiert?

So hat es bei mir auch angefangen. Ich habe schon mit 7 oder 8 meine Karnevalsverkleidung in kleine Heftchen gezeichnet.

Eher Cowboy oder Prinzessin?

Weder noch. Im Kindergarten war ich mal in Tränen aufgelöst, weil ich kein Roboter werden durfte. Fee wollte ich nicht, also lief der Kompromiss auf eine neutrale Wolke hinaus. (lacht)

Muss man ein tapferes Schneiderlein sein, um sich selbstständig zu machen?

Ja. Man braucht Geduld, es dauert ein paar Saisons, bis man sich am Markt etabliert. Und man braucht Unternehmergeist, also viel Energie und Spucke. Ich habe jahrelang angestellt gearbeitet, auch in hohen Positionen. Damals war mein Alltag eigentlich stressiger als jetzt. Ich arbeite viel, aber ich fühle mich mit meinen beiden Kollegen Gabriel Fellsches und Marian van Rappard total wohl.

Der Märchenschneider musste Fliegen erschlagen und Riesen besiegen. Welche Steine lagen auf Ihrem Weg?

Unsere Riesen heißen Zara und H&M, die müssen wir noch schlagen. (lacht)

Was ist bei Ihnen anders als bei denen?

Mir ist vor allem wichtig, dass wir nachhaltig arbeiten. Bei uns werden keine Mitarbeiter ausgenutzt. Die Leute in unserer Herstellung in Vietnam kenne ich alle persönlich, ich werde auf Hochzeiten eingeladen, und wir bezahlen über Tarif.

Aber keine 8 Euro 50, oder?

(lacht) Dann hätten wir in Vietnam plötzlich sehr, sehr viele Anwärter. Aber wir haben zum Beispiel eine Nähschule in einem Bergdorf initiiert, die Minderheiten fördert. Diese Menschen, vor allem die jungen Mädchen, haben normalerweise keinerlei Berufschancen, und bei uns bekommen sie die.

Ihre Kleidung bekommt man in Boutiquen. Hätten Sie gern 20 Quadratmeter bei C&A?

Nein, die Produkte dort und deren Wertigkeit haben nichts mit unseren zu tun. Solche Hosen sind auf eine kurze Lebensdauer hin gemacht, in unseren Jeans können Sie alt werden. Ich spreche in diesem Zusammenhang gern vom bewussten Konsumieren.

Das Wort Denim ist eine Verballhornung von „Serge de Nîmes“, also „Stoff aus Nîmes“. Ist Frankreich noch immer zentral für die Jeans-Produktion?

Nein, Frankreich ist raus. Hochwertige Stoffe kommen heute aus Japan, Italien, den USA. Auch verschiedene Länder Asiens sind auf dem Vormarsch.

Ist Denim gleich Baumwolle?

Ich entwerfe vor allem Frauenhosen, und die bestehen zu knapp 97 Prozent aus Baumwolle. Die restlichen drei Prozent bilden Elasthanfasern und einige Ingredienzien, die zum Betriebsgeheimnis gehören.

Der ursprünglich aus dem fränkischen Buttenheim stammende Levi Strauss hat die Jeans 1873 efunden, zunächst als Arbeitshose für Goldgräber. Wie erklären Sie sich den weltweiten Siegeszug dieses Kleidungsstücks?

Die Jeans ist robust und passt sich jeder Gelegenheit an. Man kann sie schick oder casual tragen, zur Hochzeit oder zum Picknick. Und meines Erachtens gibt es keinen bequemeren Stoff als Denim.


Blauhelme tragen Jeans

Und warum ist Blau die dominierende Farbe?

Keine Ahnung. Es gibt immer wieder abweichende Trends, letztes Jahr war Grau ziemlich angesagt. Vielleicht liegt es einfach daran, dass Blau zu sehr vielen anderen Farben passt.


Gelbhelme auch

Strauss hat den Grundstein gelegt. In welcher Tradition sehen Sie sich?

Eigentlich versuche ich mich von den klassischen Wegen zu lösen, weil diese von Produktionen für Männer dominiert werden. Gerade den Vintage-Trend – alte Hosen, nicht vorgewaschen und so weiter – möchte ich nicht mitmachen. Mir geht es eher um Experimente mit neuen Elementen.

Einem Cocktailmixer vergleichbar?

Ja, warum nicht. Es gibt tolle alte Sachen, aber sie müssen neu interpretiert und kombiniert werden.

Zum Schluss zwei Glaubensfragen: Jeans hatten anfangs keine Gürtelschlaufen, sondern Knöpfe für Hosenträger. Ein modischer Verlust?

Bei Frauenhosen sicher nicht, da wären Hosenträger eher schwierig. (lacht) Für Männer jedoch könnte man sicher mal darüber nachdenken.

Und schließlich: Knöpfe oder Reißverschluss?

Richtig enge Hosen können Sie nicht mit einer Knopfleiste bestücken. Ich denke, auch hier muss man differenzieren: Knöpfe für Jungs, Zipper für Mädels.




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