Mittwoch, 25. November 2009

Henne Mautkracher, Frontmann der Eierläjer


Coloniales (26)

Henne Mautkracher & das Kölsche Folklore-Gesetz

Die aktuellen Hits der Karnevalssession 2009/10 heißen „Bütze deluxe“ (Bläck Fööss), „Himmelhoch High“ (Eierläjer), und „Halleluja“ (Brings). Von allen drei Bands werden, das sei nur am Rande vermerkt, Fremdwörter verwendet (aus dem Französischen, Englischen und Hebräischen). Was jedoch viel schlimmer wiegt, ist das gänzliche Fehlen der gängigen kölschen Schlüsselwörter, ohne die eigentlich kein Fastelovendslied denkbar ist.
In diesem Zusammenhang sei deshalb an die Vorschriften erinnert, die ein Kölner Folkloresänger von Rechts wegen einzuhalten hat. Im Speziellen also an den Paragraphen 11, Absatz 11 des Kölschen Folklore-Gesetzes:

In einem echt kölschen Lied müssen mindestens drei der folgenden Worte im Refrain Verwendung finden: Kölle, Kölsch, Kölscher, 1. FC Kölle, Dom, Rhing, Flönz, hl. Willy. Außerdem haben die Worte Hätz, Jlöck und Jeföhl sowie die Komposition „lecker Mädche“ zumindest in den Strophen aufzutauchen. Zuwiderhandlungen werden mit 11 Pflichtbesuchen in der Philharmonie bestraft. Wiederholungstätern droht die Ausweisung nach Helauland, optional die Abrasur des Schnauzbarts.

Wer angesichts dessen nur mit der Schulter zuckt, dem sei noch einmal das tragische Schicksal des Kevin Kannebäcker vor Augen geführt:

Kevin Kannebäcker aus Köln-Kalk war ein aufstrebender Volksmusiker, der mit „Olle Kamelle“, „Öönswie is alles Kölle“ und „Kölsch Beömmelt“ schon drei Hits in den Lokalcharts gelandet hatte. Auch der Song „Ming Fründin is en lecker Öllich“ war bereits auf Platz 13 eingestiegen, als die Prüfstelle für kölschgefährdendes Liedgut zuschlug: Kannebäcker habe vor das Wort „Öllich“ das Adjektiv „kölsche“ zu setzen, sonst lande das Lied auf dem Index. Sein Einwand, das schade der Metrik des Refrains („Ming Fründin is en lecker kölsche Öllich“), wurde in allen Instanzen abgeschmettert. Weil seine Angst vor Helauland allzu übermächtig war, entschied sich Kannebäcker notgedrungen für die Barbierung.

Auch Altstars der kölschen Szene blicken besorgt auf die Entwicklung der letzten Jahre. Henne Mautkracher, Frontmann der Eierläjer, schickte uns statt eines Kommentars ein selbstverfasstes Gedicht:

Kölle, du bes mi Hätz
Kölle, du bes mi Jlöck

Kölle, du bes e Jeföhl

Kölle, du Stadt am Rhing

Rhing, du Fluss durch Kölle

Kölle is Kölle
Kölle bliev Kölle

Der Rhing is der Rhing

Der Rhing bliev der Rhing

Kölle, Kölle, Kölle, Rhing, Rhing, Rhing
.


Die entscheidenden Passagen stammen aus dem Reiseführer „Ölle. Die Stadt am Niehr“, Emons Verlag. Wer an diese Kolumne zukünftig jeden Mittwoch erinnert werden möchte, schreibe eine Mail an thekentaenzer@netcologne.de, Stichwort: Die Köln-Kolumne.

Mittwoch, 18. November 2009

Momentaufnahmen (7)

Becks gegen Beulen

Burger King, Verteilerkreis
Kleiner, ziemlich moppeliger Junge: „Ich hätte gern vier Hamburger und vier Ketchup.“
Verkäufer: „Kommt noch jemand?“
Kleiner, ziemlich moppeliger Junge: „Nö.“

Kneipe, Nordstadt, 11 Uhr abends
Kölschtrinker: „Und wo kommst du her?“
Weizentrinker: „Wales.“
Kölschtrinker: „Hä?“
Weizentrinker: „Wales, das liegt bei England.“
Kölschtrinker: „Ah, du bist Engländer.“
Weizentrinker: „Nein, Waliser.“
Kölschtrinker: „So als normaler Deutscher, also ganz klar, wir kennen das nur als England.“
Weizentrinker: „Ich will nicht mehr mit dir reden.“
Kölschtrinker: „Von oben bis unten, diese Insel, das ist England.“
Weizentrinker: „Ich bin Kelte, und du bist ein Idiot.“
Anderer Kölschtrinker zum Wirt: „Mach mal drei Jamies.“
Anderer Kölschtrinker zu den Streitenden: „Prost.“
Kölschtrinker: „Prost.“
Weizentrinker: „Prost.“

Brief der RheinEnergie vom 4. November 2009:
Sehr geehrte Kundin, sehr geehrter Kunde,
es gibt gute Neuigkeiten für Sie!
Zum 1. Januar 2010 senken wir den Arbeitspreis für Strom um 1,13 Cent je Kilowattstunde und den Grundpreis um 1,73 Euro pro Jahr. Bei einem durchschnittlichen Jahresverbrauch führt die Preissenkung zu einer Ersparnis von 2,97 Euro pro Monat.
Kölnische Rundschau vom 6. November, S. 9:
Mit deutlich höheren Preisen für Erdgas müssen Kunden der RheinEnergie rechnen. Der Energieversorger erhöht die Gaspreise mit Beginn des neuen Jahres um rund acht Prozent. Für einen normalen Privathaushalt würde die monatliche Belastung somit um 7,93 Euro steigen.

Kneipe, Nordstadt, 1 Uhr nachts
Gast: „Hast du vielleicht einen Eisbeutel?“
Kellner: „Wieso?“
Gast: „Meine Freundin ist vom Hocker gefallen und hat eine Beule.“
Kellner: „Wie wärs mit einer kalten Flasche Becks?“
Gast: „Tut´s auch.“

Linie 12, Rudolfplatz
Erster erwachsener Mann mit Brille: „Wie hieß die Großmutter von Romy Schneider?“
Zweiter erwachsener Mann mit Brille: „Okay, sag, aber nicht so laut.“
Erster erwachsener Mann mit Brille: „Omi Schneider.“

Kneipe, Nordstadt, 3 Uhr morgens:
Stark Betrunkener: „Ich komme mit zu dir.“
Leicht Betrunkener: „Nein!“
Stark Betrunkener: „Guck dich doch mal an!“
Leicht Betrunkener: „Was denn?“
Stark Betrunkener: „Ja, deine Frisur, du siehst aus wie ein Wirsing.“
Leicht Betrunkener: „Wirsing?“
Stark Betrunkener: „Ja.“
Leicht Betrunkener: „Ich nehme dich trotzdem nicht mit.“
Stark Betrunkener: „Selbst schuld, aber merk dir eins: Betrunken schneide ich die Haare am besten!“


Wer an diese Kolumne zukünftig jeden Mittwoch erinnert werden möchte, schreibe eine Mail an thekentaenzer@netcologne.de, Stichwort: Die Köln-Kolumne.

Mittwoch, 11. November 2009

Gedicht (1)


Der alte Dachs

Es kam der Herbst, es wurde kalt
Die Blätter fielen ab im Wald
Der Förster feuerte den Ofen
Hurra, rief Dachs, bald geh ich pofen.

Im Sommer schon hat er gesammelt
Laub und Zeugs, das nicht vergammelt
Im Herbst, so ist das bei den Dachsen
Ließ er ein dickes Fell sich wachsen.

Und eines Morgens sah der Dachs
Da liegt ein Flöckchen Schnee im Gras
Jetzt ist´s soweit, der Winter naht
Ist Schlafenszeit im Dachsenstaat.

Noch einmal schwingt der Dachs die Füßchen
Auf zur Küche, zu den Nüsschen
Er hat sie alle weggeschmatzt
Danach ist er schnell eingeratzt.

Und als der Frühling dann erwacht
Erwacht auch Dachs aus tiefer Nacht
Und seufzt: Das Jahr wird wieder schwer
Ach wenn´s doch endlich Winter wär.


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Mittwoch, 4. November 2009

Thekentänzer (19)

Die Simpsons beim Iren

An einem späten Nachmittag saß B. in einer irischen Kneipe in der Kölner Innenstadt. Hinterm Tresen arbeitete ein junges blondes Mädchen, das er dort schon häufiger gesehen hatte. Außer ihm hockten noch drei deutsche Guinnesstrinker an der Theke, denen man anmerkte, dass sie sich für große Irlandkenner hielten. Zwei von ihnen stellten ihre Assimilation durch urwüchsige Bärte und dicke Bäuche zur Schau, der dritte trug ein kariertes Hemd, über dem ein keltisches Kreuz baumelte. Flann O´Brien scheint recht zu haben: Wer zu lange Fahrrad fährt, ist irgendwann selber eins.
Einer der beiden Bärte hieß Erwin, und „Immer wenn der Erwin kommt, muss die Carola niesen“, sagte einer seiner Kumpane, als Carola, die Kellnerin, niesen musste. „Soll ich wieder gehen, oder was“, meinte Erwin mit gespielter Entrüstung, und, man glaube es oder nicht, auch Carola, die hübsche blonde Kellnerin, lachte über diesen Scherz. In jenem Moment kam B. erstmals der Gedanke, dass er hier nicht hingehöre. Der unangenehme Effekt solcher Verschwisterungen von trinkenden Deppen und zapfenden Frauen ist, dass man in seiner extrem privaten Kneipenatmosphäre gestört wird. Denn es gibt keinen öffentlichen Raum, der intimer wäre als der Schankraum, wo man, im Gegensatz etwa zu Parties, nie zu reden verpflichtet ist, weil man sein Bier selber bezahlt. Und so kam es, dass B. sich zunehmend unwohl fühlte in seiner Haut. Die selbstgewählte Isolation verwandelte sich in eine ausgestellte: Rings um ihn herum wurde gescherzt, und seine ursprünglich tiefe innere Ruhe machte bald den Anschein arroganter Verstocktheit, wie er an den – seltenen – Blicken der übrigen Gäste zu erkennen glaubte.
Das Fass lief über, als dann auch noch eine junge dunkelhaarige Frau hereinkam, die jedem einige Anstecker, ein Feuerzeug und einen kleinen Zettel auf die Theke legte. „Ich bin gehörlos, und wenn Sie wollen, verkaufe ich Ihnen für 4 Euro einen Anstecker und für 7 Euro ein Feuerzeug“, stand darauf. Die Kellnerin kaufte einen Anstecker, und neben B. fragte sogar einer der Keltophilen – der Gehörlosen ins Gesicht blickend und beim Reden wild grimassierend –, ob sie vielleicht noch weitere Anstecker zur Auswahl habe. B. schob den Krempel beiseite und bereitete als Antwort vor, dass er eben kein Feuerzeug mit einem Aufkleber der Simpsons gebrauchen könne. Aber: Niemand fragte ihn, jeder hingegen registrierte seine Wegschiebgeste, und seine Stellung war fortan nicht mehr zu halten. Er verließ den Laden wortlos und beschloss, nie mehr auszugehen.


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