Mittwoch, 13. Januar 2016

Kölner Gespräche (43)

Heute: Michael Rosenbaum, Marathonläufer und Geschäftsführer der Malzmühle

Michael Rosenbaum wurde 1965 in Köln geboren. Nach seinem Abitur studierte er von 1986 bis 1991 Betriebswirtschaftslehre an der Universität zu Köln. 1998 promovierte er zum Thema Thema „Chancen und Risiken von Nischenstrategien“.
Seit 1997 geschäftsführender Partner der „rosenbaum nagy unternehmensberatung“, stieg er 2009 auch in die Geschäftsführung der Brauerei Malzmühle ein, die er in den folgenden Jahren sanierte. Darüber hinaus engagiert sich der passionierte Langläufer ehrenamtlich als Vorstandsmitglied beim Kölner Verein für Marathon e.V. und im Behindertensport. Seit 2010 fungiert er als Vizepräsident Finanzen und Wirtschaft des Deutschen Behindertensportverbands (DBS).
Michael Rosenbaum lebt mit seiner Frau undden beiden Söhnen in Pulheim.

Sehr praktisch, den Geschäftsführer eines kölschen Brauhauses zu interviewen. Da führt man das Gespräch beim Frühstück vom hauseigenen Buffet – im ersten Stock der neugestalteten Malzmühle.


Die Malzmühle nach dem Krieg. Es wird wieder ausgeschenkt, auch ohne dach überm Kopf.


Was gefällt Ihnen am Marathonlaufen?

Ehrlich gesagt gar nichts. Ich mag das Training viel lieber. Vor allem bei den langen Läufen entspannt man sehr gut, zuweilen verfällt man in eine Art angenehmer Trance.

Aber nur jenseits des Wettkampfs?

Ich bin neunmal den Köln-Marathon gelaufen. Und jedes Mal frage ich mich: Was soll der Quatsch? Warum tust du dir das an?

Vermutlich hat man doch zumindest ein Hochgefühl, wenn man´s geschafft hat.

Die ersten zehn Kilometer sind furchtbar. Danach ist man im Lauf drin, aber ab Kilometer 30 wird es wieder schrecklich. Dafür entschädigt dann aber der letzte Kilometer, zumal man über die Hohe Straße zum Dom ins Ziel läuft.

Ein Ultramaratonläufer verriet mir mal sein Durchhalterezept: vorher ein Schnitzel, danach ein Kölsch.

Ich esse vorm Lauf zwei Scheiben Toast mit Honig. Hinterher dürfen es statt einem ruhig zehn Kölsch sein.

Was war Ihre Sportart als Junge?

Ich war begeisterter Fußballer und habe es beim SC Pulheim bis in die Landesliga geschafft.

Seit geraumer Zeit engagieren Sie sich im Deutschen Behindertensportverband (DBS). Warum?

Als Unternehmensberater bin ich Sanierer, ich helfe also Firmen aus Krisen heraus. 2007 war ich in dieser Funktion Interimsmanager des DBS und fungiere dort inzwischen ehrenamtlich als Vizepräsident Finanzen und Wirtschaft. Behindertensport ist eine tolle Sache, mit der man Menschen zurück in die Gesellschaft holt, die ansonsten weitgehend isoliert wären. Wir leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Inklusion.


Was macht noch Spaß an diesem Amt?

Man erlebt zuweilen kuriose Situationen. Nach Olympia in Peking saß ich mit zahlreichen beinamputierten Sportlern im Flieger, die plötzlich ihre Prothesen abnahmen und in den Gepäckablagen verstauten. Es war sehr amüsant, währenddessen die übrigen Passagiere zu beobachten.

Sie selbst leiden an Diabetes Typ 1, einer recht seltenen Krankheit.

Diabetes ist eine Stoffwechselerkrankung, von der deutschlandweit 8 Mio. Menschen betroffen sind. Nur 300.000 davon haben Diabetes 1. Meine Bauchspeicheldrüse hat Antikörper gegen die Bildung von Insulin entwickelt. Es handelt sich also um eine Autoimmunkrankheit.

Man liest, die Erkrankung habe bei Ihnen mit Arbeitsüberlastung zu tun gehabt.

Im Frühjahr 2009 dachte ich, ich hätte nur Heuschnupfen. Deshalb nahm ich an einem Wettkampf teil, der mir eine Lungenentzündung einbrachte. Also habe ich Tabletten gegen Fieber eingeworfen und bin nach nur vier Tagen wieder arbeiten gegangen. Der Rückfall war heftig und hat mich drei Wochen ans Bett gefesselt. Möglicherweise hat das zu meinem Diabetes geführt, aber so richtig genau kann das keiner sagen.

Sie werfen sich also nichts vor?

Wenn man den Zusammenhang nachweisen könnte, würde ich mir durchaus etwas vorwerfen. Aber ich hoffe, es ist nicht so. Die Gründe für Typ-1-Diabeteserkrankungen sind auch heute noch nicht richtig erforscht. In meiner Familie bin ich auf jeden Fall der erste Diabetiker.

Im Februar ist das sechs Jahre her. Wie hat sich Ihr Leben deswegen verändert?

Ich muss mich sehr viel disziplinierter ernähren und immer aufpassen, dass ich nicht unterzuckere. Passiert ist das allerdings schon einige Male. Deshalb habe ich immer Traubenzucker dabei und trage inzwischen auch einen Chip im Arm, der auch nachts den Zuckerspiegel kontrolliert und notfalls Alarm gibt.

Laufen reimt sich auf Saufen, wir sitzen hier in der Malzmühle, deren Mit-Geschäftsführer Sie seit 2009 sind. Warum brauchte die Brauerei einen Unternehmensberater?

2009 war die Malzmühle tief in der Krise, ich musste hier leider eine sehr harte Sanierung durchführen. Von hundert Mitarbeitern haben wir 40 entlassen müssen. In den folgenden sechs Jahren haben wir neu angefangen, alles umgebaut und sind mittlerweile bei sogar 140 Mitarbeitern. Die Sanierung ist damit durch, wir alle hier sind sehr glücklich über das Ergebnis.

Sind Sie eher der Reissdorf- oder der Gaffeltyp, also eher süß oder eher herb orientiert?

Reissdorf schmeckt mir schon ziemlich gut, zumal ich ein Freund der Brauereifamilie bin. Letztlich schmecken aber alle Kölschmarken gut. Kölsch ist eben ein tolles Getränk. Und natürlich trinke ich Mühlen am liebsten.

Ich auch. Aber was mir am besten gefällt: Dass die Malzmühle als einzige Brauerei noch die alten Europullen, vulgo: Maurerbomben benutzt.

Ja, das war zunächst aus der Not geboren. Während alle anderen in Köln auf Longneck-Flaschen umstellten, blieben wir mangels finanzieller Möglichkeiten beim alten Gebinde. Aber inzwischen zeichnet uns das am Markt aus.

Maurerbomben

Sie haben zum Thema „Chancen und Risiken von Nischenstrategien“ promoviert. Konnten Sie Ihre Doktorarbeit bei dem Job hier brauchen?

Ich konnte praktisch alle Erkenntnisse meiner Dissertation hier umsetzen, das war die ideale Vorbildung. Auch die Form unserer 0,33er-Flasche ist in Köln einzigartig. Eine von vielen Maßnahmen, mit denen wir uns als Kleinbrauerei behaupten.

Die Kölner Brauereien führen deutschlandweit ebenfalls ein Nischendasein.

Allerdings, und wir werden Ende des Jahres wieder einige Prozentpunkte verloren haben. Im Kölner Brauerverband müssen wir daher Strategien entwickeln, die vor allem den biertrinkenden Nachwuchs wieder enger ans Lokale binden, als das in den letzten Jahren der Fall war.

Die Jugend trinkt Becks Blond oder Bier-Mixgetränke statt Kölsch.

Genau, das ist das Problem.

Sie arbeiten zudem mit im „Büro Wirtschaft für Mülheim“. Eine Schank-Wirtschaft ist da vermutlich nicht gemeint.

Nein, dort ging es ursprünglich um das öffentlich geförderte Projekt MÜLHEIM 2020 zur Strukturförderung, für das meine Unternehmensberatung in einer EU-Ausschreibung den Zuschlag erhalten hat. Unser Ziel war und ist es, die Mülheimer Wirtschaft auf allen Ebenen voranzubringen.

Mülheim, Deutz oder Kalk: Wer wird in den nächsten Jahren die Nase vorn haben?

Zur Zeit ist Deutz noch vorn, dort haben sich viele innovative und auch große Unternehmen angesiedelt. Aber ich denke, in den nächsten zehn Jahren wird sich auch Mülheim stärker entwickeln und Deutz überholen. Dort gibt es zahlreiche Großprojekte, die in den nächsten Jahren umgesetzt werden und dann zu einer nachhaltig positiven Entwicklung führen werden. Eine gewisse Gentrifizierung leider inbegriffen.

Ein Langzeitprojekt also. Was hingegen ist ihr Ziel für 2016?

Sportlich: Ich will meinen zehnten Köln-Marathon in einer guten Zeit finishen. Und privat ganz klar: Weniger arbeiten, mehr Zeit mit meiner Familie verbringen.




Wer diese Kolumne zukünftig jeden Mittwoch zugeschickt bekommen möchte, schreibe eine Mail an thekentaenzer@netcologne.de, Stichwort: Die Köln-Kolumne.

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