Mittwoch, 9. März 2016

Thekentänzer (99)

Der dicke Arab, Karlheinz und Lieselotte

Südstadtkneipe. Sagen wir: Südliche Südstadt: Der dicke Arab ist wieder da. Völlig um, wie immer.
„Paris, das waren Franzosen. 9/11 waren die Amis selber“, erzählt er. Wie immer.
Es ist einer dieser Abende, an denen sich der Laden nur langsam füllt. Die schon da sind, spüren das. Es bedrückt sie. Klar.
„Mein Mann hat ja beide Beine amputiert gehabt“, sagt Lieselotte. Ihr Husten ist unterirdisch. Ein gurgelnder Abgrund, der ihr aschgraues Gesicht ins Violette färbt.
„Jetzt ist er zwei Jahre tot, ist nicht schön, allein zu sein.“
Karlheinz wiederum, rechts neben dem dicken Arab, hat noch beide Beine. Nur vernünftig gehen kann er damit nicht. Die beiden Schlaganfälle haben ihn mürbe gemacht. Das Bier auch. Wenn er wenigstens nicht soviel Schnaps saufen würde.
Der Wirt spendiert eine Runde Aufgesetzten. Lieselotte nickt dankend, Karlheinz grimmassiert. „Deine Blauen Augen machen mich so sentimental“, singen Ideal. Im dämmrigen Fenster spiegelt sich der Daddelautomat.
„Die Vögelein schweigen im Walde“, bricht der schwer gebildete Wirt die Stille. Und Karlheinz springt darauf an:
„Ich warte auf ein neues Herz“, sagt er.
„Tun wir das nicht alle?“ murmelt der Arab.

Herzstärkende Mittel

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