Mittwoch, 20. Juni 2012

Geschichten aus 1111 Nächten (23)

Der reiche Kneipier

In Lindweiler lebte einst ein kleiner kölscher Kneipenwirt, der nur ein Ziel hatte: reich zu werden. Pfennig für Pfennig sparte er, ohne sich jemals etwas zu gönnen. Sein Brot war das eingeschweißte vom Aldi, seine Klamotten kaufte er bei KiK, und die Kölschgläser für seine Gäste klaute er sich in Biergärten zusammen. Dreißig Jahre lang stand er an seinem elenden Zapfhahn, ohne je eine einzige Freude empfunden zu haben. Mit Beginn des 31. Jahres jedoch leerte er all seine Sparstrümpfe und stellte fest: Ich bin reich!
Der kleine Kneipenwirt änderte schlagartig sein Leben. Ging zum besten Friseur des Viertels, zur Maniküre und zum plastischen Chirurgen. Aß im Le Moissonnier und bestellte sich feinste Kleider bei Hugo Boss. Und um mal richtig einen draufzumachen, fuhr er nach Düsseldorf.
Als er am folgenden Tag unter einem eleganten Borsalino, im weißen Anzug und mit einem vergoldeten Stöckchen über die Kö stakste, erfasste ihn der Porsche Targa einer halbblinden Millionärsgattin. Der Schock war tödlich, sofort wurde er von neugierigen Gaffern umringt. Ein letztes Mal erhob er die schwache Stimme, gezeichnet von Schmerz, die Augen voller bitterer Tränen, und rief zum Himmel:
„Warum? … Warum hast du mich heute mit dem Tode bestraft, mein Gott?“
Zum großen Erstaunen der Umstehenden öffneten sich in diesem Moment die Wolken, und das feiste Gesicht des heiligen Willy erschien am Firmament. Und der antwortete:
„Um die Wahrheit zu sagen, mein Lieber, ich habe dich nicht erkannt.“



 Rambazamba


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