Mittwoch, 11. September 2013

Thekentänzer (68)

Mulackritze, Bollen-Juste und Knochenbrecher-Atze

Von 1890 bis 1933 existierten in Berlin bis zu 70 sogenannte Ring-Vereine. Dabei handelte es sich um organisierte Ganoven-Verbünde mit strengem Kodex. Wer aufgenommen werden wollte, brauchte mindestens zwei „ehrenwerte“ (sprich: vorbestrafte) Paten. Fuhr eines der Mitglieder mal wieder in den Knast ein, wurde seine Familie aus der clubeigenen Kasse über Wasser gehalten. Im folgenden einige markante, meistens für sich sprechende Namen aus jener Zeit:

Kneipen
Mulackritze
Schnurrbartdiele
Zum Gemütlichen Carl
Schwarzer Walfisch
Lattenkeller
An der schönen blauen Donau

Frauen
Gurken-Jule
Pinsel-Frieda
Titten-Erni
Sporen-Jette
Lutsch-Liese
Kosaken-Mimi
Kerzen-Traute
Bollen-Juste

Männer
Muskel-Adolf, Clamonis-Kutte*, Goldzahn-Bruno**
Knochenbrecher-Atze, Gorilla-Walter, Soldaten-Emil
Brillanten-Willi, Finger-Hans, Feilen-Paule
Fassaden-Orje, Buckel-Albert, Pfeifen-Piepe
Fusel-Albert, Koks-Justav, Klamotten-Emil
Mollen-Orje, Nuckel-Paule, Hunde-Gustav

* Clamonis = Dietrich/Schlüssel
** Tresorknacker, passenderweise zugleich Kassenwart seines Vereins


Und den Gummiknüppel unterm Tresen nannte man „Migränestift“. Wer mehr darüber erfahren möchte, lese die Bücher "Hurengespräche" von Heinrich Zille oder „Tatort Mulackritze“ von Hans Pollak.


Die Original-Einrichtung der Hurenstube aus der Kneipe Mulackritze, ausgestellt im Gründerzeitmuseum Berlin-Mahlsdorf. Im Hintergrund rechts der sogenannte Hurenbock, über den sich die Freier beugten, um mittels verschiedenster Stöcke, Peitschen und Klatschen verprügelt zu werden.


Wer diese Kolumne zukünftig jeden Mittwoch zugeschickt bekommen möchte, schreibe eine Mail an thekentaenzer@netcologne.de, Stichwort: Die Köln-Kolumne.

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