Mittwoch, 17. Juni 2015

Coloniales (54)

Birlikte war blöd

... jedenfalls für mich

Beim Birlikte-Fest vom letzten Wochenende hatte ich zwei Auftritte mit meinem Buch „Das Köln-Album". Einer fand bei einem deutschen Veranstalter, der andere bei einem türkischen statt. Geld wurde natürlich nicht gezahlt, aber weil es für eine gute Sache war, hatte ich mich gründlich vorbereitet: das ganze Buch auf Beziehungen zu Themen wie Migration, friedliches Zusammenleben etc. durchforstet.
Beim deutschen Veranstalter waren die Fenster vollgeklebt mit Plakaten der verschiedenen Künstler. Man hatte einen Beamer besorgt, ein Techniker kümmerte sich um die Tonanlage, und sogar ein kleiner Bücherstand war aufgebaut. Ebenso war eine Mitarbeiterin des Betriebs vor Ort, die mich einwies und mir Wasser besorgte. Mit anderen Worten: schöne Lesung, angenehme Atmosphäre.
Der türkische Veranstalter, ein Café, hatte kein einziges Plakat aufgehängt. Auch waren seine Angestellten nicht informiert.
Ich: „Guten Tag, ich bin Bernd Imgrund und trete hier gleich auf.“
Kellnerin: „Als was wollen Sie denn auftreten? Ich weiß von nichts.“
Der Lesungsraum war eine Art überhitztes Gewächshaus im hintersten Bereich des Cafés. Niemand räumte die Tische ab, die voller Kaffeetassen und Kuchenteller standen. Mein Lesetisch war neben dem Abgang zum Klo platziert, das während der halben Stunde des Auftritts permanent besucht wurde. Zu trinken bekam man hier als Auftretender nichts. Aber kaum war ich fertig, forderte mich ein Kellner auf, doch bitte schnell meine Sachen vom Tisch zu nehmen, damit der wieder an seinen Platz komme.
Im Hauptraum des Cafés saßen ungefähr 70 Menschen, die meisten von ihnen Türken. Keiner von ihnen hatte die Lesung besucht. Beim deutschen Veranstalter war genau ein Mann mit türkischem Hintergrund aufgekreuzt. Als ich zu der Stelle kam, wo ich St. Michael als Heiligen der Christen und Moslems vorstelle, derjedoch ursprünglich einen jüdischen Hintergrund hat, stand dieser Mann auf und ging.
Wie gesagt: Birlikte war blöd.



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