Mittwoch, 14. September 2016


Kölner Gespräche (55): Der Schauspieler Dieter Bach

Dieter Bach wurde 1963 in Köln geboren und machte am Rodenkirchner Gymnasium sein Abitur. Nach einer Schauspielausbildung in Saarbrücken führte ihn seine Theaterlaufbahn u.a. nach Wien, Hamburg und Amsterdam. Anfang der 1990er war er vier Jahre im Ensemble des Kölner Schauspielhauses und zuletzt ebenso lange in Kassel engagiert. Seit 1996 tritt er zudem in zahlreichen Kino- und Fernsehproduktionen auf. Unter anderem übernahm er auch Rollen in Täglichen Serien, u.a. bei St. Angela, Marienhof, GZSZ und Hinter Gittern. Zur Zeit steht er im Grenzlandtheater Aachen mit dem bereits fürs Kino adaptierten Stück "Der Gott des Gemetzels" auf der Bühne.

Er ist von Aachen an den Alter Markt gekommen, weil er im dortigen Grenzlandtheater gerade auftritt. Immer dabei: seine Hündin Pria, die im sonnenbeschienenen Café auch sofort einen Napf voller Wasser bekommt.

In Ihrem Schauspielerprofil steht unter Dialekte: Kölsch. Wie gut beherrschen Sie Ihren Heimatdialekt noch?

Kütt drop aan. Wenn ich mal wieder in Köln bin, ist der Singsang schnell wieder da. Viel schwerer war, ihn für die Bühne loszuwerden. Auf der Schauspielschule war ich davon ausgegangen, ich spräche reinstes Hochdeutsch. Bis ich dann meinen ersten Schiller aufgesagt habe und der Regisseur mir das rheinische Singen verbat.

Können Sie das hier wiederholen: Kanalljevüjjelscheszüngelscheszüppschesdöppche.

Wat sähst de, Jung?

Das meint die Schüssel für eine Suppe aus Kanarienvogelzungen.

Dieter Bach lacht und wiederholt das Wort nach nochmaliger Ansage fehlerlos.

Sie sind in Köln-Weiß aufgewachsen. Ein beschauliches Viertel?

Als ich klein war, gab es dort ein paar Bauernhöfe und vielleicht zwanzig Häuser. Das war eine Kindheit auf dem Land, 500 Meter vom Rhein und dem Wald entfernt. Zur Zeit in Aachen fehlt mir der Rhein, Städte sollten einen Fluss haben. Als Kinder ließen wir Drachen steigen, machten Feuerchen und rösteten Kartoffeln. Und meine Straße hieß Am Wingert ...

... Am Weinberg also. Der Kölner Wein aus alter Zeit wurde auch der Suure Hungk genannt.

(lacht) Mit Recht wahrscheinlich. Das Klima ist der Hauptgrund dafür, dass ich inzwischen lieber in Berlin lebe. In Köln kann man den Sommer nur vom Wnter unterscheiden, weil die Bäume grün sind. In Berlin hingegen liebe ich das kontinantale Klima: die trockenen, leicht windigen Sommer und die knackig kalten Winter. Na gut, ein bisschen kürzer dürften die durchaus sein.

Aber als Rheinländer empfinden Sie sich noch immer?

Oh ja. Ich bin viel unterwegs, oft umgezogen. Aber meine kölsche Frohnatur schleppe ich überall hin mit, die öffnet mir viele Türen.

Wie äußert sich dieses Naturell? Fangen Sie sofort an zu singen, wenn mehr als zwei Leute zusammenstehen?

(lacht) Kann passieren. In Wien am Burgtheater habe ich mal Freunde besucht. Mit Maria Happel, die ja auch mal in Köln war, habe ich in der Kantine dort bis 4 in der Nacht Karnevalslieder gesungen. Ab halb 2 wollten sie uns rausschmeißen, aber irgendwann sang die ganze Kantine mit. "Des wiad a Nochspiel hobn", verabschiedete uns schließlich der arme Portier.

Trinken Sie eher Wein oder Bier?

Bier, aber kein Kölsch und erst Recht kein Berliner Bier. Sondern Weizen, finde ich lecker.

Sie haben Köln mit Anfang 20 verlassen. Warum?

Weil ich auf eine staatliche Schauspielschule wollte, die es in Köln nicht gibt. Damals gab es bundesweit acht davon. In der nächsten, in Bochum, bin ich mit Pauken und Trompeten durchgerasselt. Da wusste ich noch gar nicht, worauf es ankommt. Und so bin ich schließlich in Saarbrücken gelandet. Anfang der 1990er war ich dann nochmal vier Jahre am Kölner Schauspielhaus.

Haben Sie noch ein Standbein hier in Köln?

Inzwischen nicht mehr. Im letzten Herbst ist meine Tante gestorben, die ich immer mal wieder besucht hatte. Und seitdem bin ich, wenn überhaupt, nur zum Arbeiten hier.

Für wen halten Sie, wenn Hertha gegen den FC spielt?

Jenseits von Weltmeisterschaften interessiere ich mich überhaupt nicht für Fußball. Ich bin ein reiner Eventgucker, gern in Verbindung mit nem Weizenbier.

Welchen Ruf hatte das Kölner Theater in Ihrer Jugend?

Einen sehr guten. Meine ersten Besuche verbinde ich mit Jürgen Flimm, das war eine sehr erfolgreiche, fruchtbare Ära für Köln. Ein kölscher Jung im übrigen, der an Wieverfastelovend die dicke Trumm auspackte und sein Ensemble in Stimmung brachte.

Sie spielen hier und dort. Hat Köln als Theaterstadt noch eine überregionale Relevanz?

In der zweiten Hälfte der 1990er ging das irgendwann den Bach runter. Die Zeit von Karin Beier war dann wohl noch einmal spannend, aber gesehen habe ich da leider nichts. Insgesamt haben viele deutschen Schauspielhäuser nicht mehr die Strahlkraft früherer Tage. Weil überall gespart wird, bis der Arzt kommt.

Sie haben relativ wenig in der freien Szene agiert. Eine bewusste Entscheidung?

Sagen wir so: Ich wusste immer, dass ich mit meinem Job Geld verdienen wollte. Ich bin gerne Künstler, aber Künstler müssen nicht arm und unglücklich sein, um gute Kunst zu machen. Wobei natürlich zugleich klar ist, dass man nie wirklich zufrieden ist.

In Kassel waren sie festes Ensemblemitglied. Heißt das: Festgehalt, jeden Mittag ein veganes Süppchen in der Theaterkantine und zweimal die Woche Vorstellung?

Im Gegenteil, eine 40-Stunden-Woche ist für Theaterschauspieler völlig illusorisch. In meiner ersten Spielzeit hatte ich allein acht Premieren. Und Urlaub hat man zwar wie andere Berufstätige rund sechs Wochen, aber nehmen darf man die nur im Sommer, in der theaterfreien Zeit.

Sie haben in diversen Soaps mitgespielt, unter anderem in der Lindenstraße, bei Hinter Gittern und beim Marienhof. Was ist eine Soap?

Inzwischen benutzt man den Begriff kaum noch, weil er negativ besetzt ist. Solche "Täglichen Serien", wie wir sagen, sind in erster Linie zur Unterhaltung da.

Truffault wollte auch unterhalten.

Genau. Und auch Serien greifen immer wieder auch soziale Themen auf, denken Sie nur an die Lindenstraße: Migranten, Homosexuelle, Obdachlose undsoweiter. Ich denke, auch die Täglichen Serien haben dazu beigetragen, dass unsere Gesellschaft aufgeschlossener geworden ist. Demnächst wird sicher viel mit Flüchtlingen gedreht werden, ich habe gehört, es werden schon schauspielernde Syrer gesucht von den Produktionsfirmen.

Was ist der künstlerische Reiz bei den Täglichen Serien?

Derselbe wie am Theater: seine Rolle glaubhaft zu spielen. Beim Fernsehen wird zwar schneller als im Kino gedreht, aber mein Rollenprofil zuletzt für Gute Zeiten, Schlechte Zeiten muss ich dort genauso intensiv vorbereiten. Bei GZSZ haben wir neben dem Regisseur noch einen Coach, der die Zusammenarbeit enorm befördert.

Im Theater reagiert das Publikum direkt. Wie interagiert man im TV mit seinen Zuschauern?

Im Zeitalter der sozialen Medien ist das ja kein Problem mehr. Ich habe ein öffentliches Profil bei Facebook, über das ich die Menschen von meinen Aktivitäten unterrichte. Die Monate bei GZSZ brachten schnell 13.000 "Liker", aber das ließ ebenso schnell wieder nach, als ich ausstieg.

Ich like Sie nachher, dann ist´s wieder einer mehr.

(lacht) Ich bitte darum.

Wie kommt es, dass Sie in Serien so oft als Arzt besetzt werden?

Das überrascht mich selbst. Meistens spiele ich Ärzte, die irgendwelche Frauengeschichten haben. Anfangs war ich Ober-, zuletzt sogar Chefarzt. Und ich bin übrigens selten der nette Arzt.

Dafür sind Sie nicht blond genug.

Genau. In meiner ersten Serie "Alle zusammen" bei RTL2 habe ich permanent versucht, meinem Halbbruder die Frau auszuspannen.

Warum haben sie die feste Stelle in Kassel nach vier Jahren aufgegeben?

Weil am Theater nichts nebenbei geht.

Also haben Sie Ihre Theater- zugunsten der TV-Karriere hintangestellt?

Nicht ganz. Denn neben dem Fernsehen darf es auch ruhig mal wieder ein Kinofilm sein. (lacht)




Wer diese Kolumne zukünftig jeden Mittwoch zugeschickt bekommen möchte, schreibe eine Mail an thekentaenzer@netcologne.de, Stichwort: Die Köln-Kolumne.
 


Keine Kommentare: