Mittwoch, 7. September 2016

Coloniales (64)


Joachim Gauck und Ich


Ich war bei Joachim Gauck eingeladen. Weil ich ein Buch über berühmte Deutsche aus 40.000 Jahren geschrieben habe, durfte ich einen Abend in der altehrwürdigen Villa Hammerschmidt zu Bonn verbringen. Es ging um eine „Musikalische Soiree zum Thema Heimat“. Insgesamt waren wir etwa 80 Leute, spontan erkannte ich Norbert Blüm, Rita Süssmuth, Henriette Reker und Peter Millowitsch. Als der Bundespräsident mit seiner Frau Daniela Schadt die Treppe hinunterschritt, forderte uns der Protokollchef dezent zum Aufstehen auf. Das imponierte mir. Nach einer bayrischen Experimentalcombo setzte sich Sebastian Krumbiegel an den Flügel. Der Mann ist Sänger der Prinzen, und er sang ein typisches Prinzenlied. Es ging um „die Liebenden“, die die Welt retten, und schwebte beinhart auf dem geistigen Niveau eines Sechsjährigen. Nach ihm trat die Band auf, die ich auf der Hinfahrt scherzhaft hier vermutet hatte. „Sollen wir wetten, da kommen auch die Höhner hin?“ hatte ich zu meiner Frau gesagt. Und da standen sie dann. Die Höhner dauergrinsten mit funkelnden Äuglein, wie das nur kölsche Karnevalsbands können. Nach den Bläck Fööss kommt für mich lange nichts, aber als letztes Lied spielten die Höhner „Hey Kölle“. Henriette Reker sang mit. Norbert Blüm und Rita Süssmuth gaben ihr Bestes, um wenigstens beim Refrain mitzuhalten. Und ich? – Sang auch mit, schöner Song. Für den Höhepunkt sorgte schließlich die Ex-DDR-Band Karat. Beim Finale mit „Über sieben Brücken musst du gehen“ versammelten sich sämtliche Musiker auf der Bühne. Arm in Arm mit den Bandleadern sangen auch Herr Gauck und Frau Schadt aus vollem Halse mit, schließlich ist das ein ikonografischer Freiheitssong der alten Ossis. Es war rührend, die Prinzen würden sagen: Gänsehautfeeling. Später auf der Terrasse wurde exquisite Fingerfood gereicht. In Erinnerung sind mit vor allem die Wachtelbrüstchen mit den Wachtelspiegeleiern obenauf. Ich redete ein wenig mit Peter Millowitsch, der sich jedoch bald zum Rauchen in den präsidialen Garten verdrückte. Danach schüttelte ich Henriette Reker die Hand. „Ihre Bücher habe ich schon oft verschenkt“, sagte die Oberbürgermeisterin, der Abend nahm Fahrt auf. Und dann, nach Weißwein, Rotwein und Sekt, wurde endlich das erste Tablett mit Kölsch herumgereicht. Ich glaube, ich schreibe noch so ein Buch.

Sebastian Krumbiegel (Die Prinzen), Joachim Gauck (Bundespräsident), Henning Krautmacher (Höhner) und Claudius Dreilich (Karat) in der Villa Hammerschmidt



www.emons-verlag.de/programm/111-deutsche-die-man-kennen-sollte



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