Mittwoch, 15. Oktober 2008

Coloniales (5)

Die fleißige Strunde und der faule Bach

Kreuzen können sich Straßen oder Bahngleise, auch Pflanzen und Tiere kann man kreuzen. Wer hingegen von einer »Bachkreuzung« spricht, erntet zunächst einmal skeptische Blicke. Ist es doch gemeinhin so, dass ein Gewässer in das andere mündet und nicht darüber hinwegfließt. In Köln jedoch, genauer gesagt in Holweide, findet man einen solchen Ort: Hier kreuzen sich der Strunder- und der Faulbach.


Die Strunde, einer von 32 Kölner Bächen, diente jahrhundertelang als das wichtigste Fließgewässer des rechtsrheinischen Köln. Waren es zunächst vor allem Getreidemühlen, deren Räder mit der Kraft des bergischen Bächleins betrieben wurden, so kamen später auch Öl-, Loh-, Walk-, Säge- und Pulvermühlen hinzu. Über 40 dieser Wassergewerke säumten zeitweise die Ufer, deren erstes nur 200 Meter hinter der Quelle in Herrenstrunden lag. Mit einigem Recht sprach deshalb der bergische Dichter Vinzenz Jakob von Zuccalmaglio (1806–76) vom »fleißigsten Bach Deutschlands«. Mit der industriellen Nutzung einher ging jedoch die zunehmende Verschmutzung der Strunde, und hier beginnt auch die Geschichte des seltsamen Wasserkreuzes.


Die ungeklärten Abwässer der Betriebe führten zu einem rasanten Fischsterben, und auch als Trinkwasser oder zur Bewässerung der Felder konnte die Strunde bald nicht mehr genutzt werden. Darunter litten vor allem die Bürger von Mülheim, die ihren Durst mit dem Wasser des Baches stillten. Glücklicherweise gab es jedoch in Holweide einen sauberen Zulauf der Strunde, den Faulbach. Sein Name rührt daher, dass er im Gegensatz zu seinem fleißigen Bruder eben kein einziges Mühlrad antrieb. Und so entschloss man sich, die Strunde mittels einer Brücke über den Faulbach zu führen, sodass dieser ohne Verunreinigung gen Westen rinnen konnte. Fortan floss wieder klares, reines Wasser nach Mülheim, und der »faule Bach« gelangte zu nie gekanntem Ansehen.




Dieser Text dient der Eigenwerbung. Er entstammt meinem Buch „111 Kölner Orte, die man gesehen haben muss“ (Emons Verlag, 240 S., 9,90 Euro), das ab sofort im Handel ist.




















1 Kommentar:

Sascha hat gesagt…

Tolles Buch. Habe es (nicht allein) chronologisch versucht abzulaufen.
Wir befanden es ist eine tolle Idee, einmal in der Woche seine Stadt anders kennen zu lernen.
Leider lässt sich das nicht ganz umsetzen... :-( Der Barbarastollen zum Beispiel ist garnicht mehr zu besichtigen (ebenso die Atombunker und noch einiges anderes). Das ist schade. Hatte eine Recherche erwartet.
Der Weg zur Bachkreuzung war trotz allem eine tolle Wanderung :-)
(sascha.kiffer@gmail.com)