Dienstag, 13. April 2010

Straßenkämpfer (12)

Frauen im Café

„Wenn der Ari krank wird, finde ich schon eine Lösung. Hauptsache erstmal, dass ich den Hortplatz habe. Alles andere kann kommen. Keinen Mann, aber einen Platz im Kindergarten, so ist das inzwischen, da freut man sich inzwischen schon drüber.
Thomas ist so ein Idiot, das kannst du dir gar nicht vorstellen. Letztendlich hab ich den rausgeschmissen. Wie in nem schlechten Buch: Ich habe meinen Mann rausgeschmissen. Wie in genau dem Leben, das wir nie führen wollten. Das wir uns vorher schlichtweg nicht hatten vorstellen können.
Wir sind anders! Das stand eigentlich schon über unserem ersten gemeinsamen Tag. Überm Kennenlerntag. Überm ersten Sex. Über dieser ganz und gar ungewöhnlichen Hochzeit, man, was haben wir uns hip gefühlt. Und genauso erstmal auch über der Schwangerschaft.
Aber was ist daran anders, dass ein Mann kein Spültuch in die Hand nimmt. Dass er keine Windeln wechselt und noch nichtmal mit Geld umgehen kann. Und dass er mich nicht mehr angefasst hat seit dem dritten Monat. Nicht mehr nach der Entbindung und auch das ganze restliche Jahr nicht mehr. Der Idiot. Wir haben gelebt wie Hänsel und Gretel im Mietshaus, aber man gewöhnt sich ja an alles. Das geht Schrittchen für Schrittchen. So ein Mann sagt ja nicht: Ich habe Angst vor Veränderung, vor deinem dicker werdenden Bauch, ich ekele mich vor dir. Sondern der fasst einen einfach nicht mehr an.
Schrittchen für Schrittchen: Jetzt hat er mich schon drei Tage nicht mehr angefasst. Jetzt hat er mich schon vier Tage nicht mehr angefasst. Jetrzt wird es langsam ungewöhnlich, aber warten wirs ab, er gewöhnt sich schon dran. Jetzt ist es noch ein bisschen ungewöhnlicher, aber das Ungewöhnliche auch schon wieder ein bisschen normaler, jetzt hat er mich schon zehn Monate nicht mehr angefasst, ich kenns schon gar nicht mehr anders.
Aber wenigstens hab ich den Hortplatz.“



Mann als arme Wurst


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