Mittwoch, 5. September 2012

Geschichten aus 1111 Nächten (26)

Gott ist unfehlbar

Der Pfarrer von St. Bruno in Klettenberg galt als der strengste seiner Zunft in ganz Köln. Wenn er über den Allerheiligsten sprach, duldete er weder Unruhe noch Widerworte. Schon deshalb nicht, weil ihm der Rebensaft vom Vorabend noch wild im dicken Kopf herumschwappte. Eines Tages jedoch fing ihn Antons Vater am Kirchenausgang ab und sagte:
„Ihr behauptet, dass Gott alles, was er gemacht hat, gut gemacht hat. Aber seht euch meinen Jungen an, er hat eine furchtbare Knollennase.“
Der Prediger betrachtete das missratene Geschöpf, das er schon aus dem Religionsunterricht kannte, und antwortete:
„Aber mein Lieber, was hast du zu klagen. Für einen Knollennasigen ist er doch sehr gut geraten.“
Ein paar Meter weiter, das Pfäfflein freute sich bereits auf die angebrochene Pulle Messwein zuhaus, stand der kleine Jean mit seinem Erzeuger.
„Lieber Herr Pastor“, hob dieser an, „Ihr sagt, dass Gottes Schöpferkraft ohne Fehl und Tadel sei. Aber nun seht euch doch bloß meinen triefäugigen Jungen an.“
Der Geistliche, dem die Litanei nun schon vertraut war, antwortete: „Nun mach aber mal halblang, mein Sohn. Denn für einen Triefäugigen ist er doch ein ausgesprochen gut gelungenes Exemplar.“
Zuhause jedoch, vor dem Spiegel, zweifelte der Pfarrer plötzlich an seinen Antworten. Missmutig blickte er in seine blutunterlaufenen Augen, ballte er sein speckiges Fäustchen und befühlte er seine talgige Glatze. Schließlich hob er die Hände zu Gott und rief ihn an:
„Oh Herr, wenn dir doch alles so gut gerät, wie konnte da so etwas wie ich passieren?“
Aber statt einer Antwort drang aus dem Spiegel nur ein verschmitztes Lachen.

Gesundes Kind

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