Mittwoch, 12. September 2012

Interviews (5)

Wie man Wirt wird oder: „Wirt - Wirtschaft - Betriebswirtschaft“

Alexander Manek wurde 1973 in Sülz geboren. Nach dem Abitur am Schiller-Gymnasium absolvierte er eine Ausbildung zum Hotelkaufmann im Kölner Hyatt. 2000 übernahm er - als Enkel des Gründers - das Haus Unkelbach in Sülz. Inzwischen führt er u.a. auch das neu errichtete „Alte Brauhaus“ von Reissdorf auf der Severinstraße.
Auf seinem Handy läuft ein Lied von Brings, bevor er abhebt. Klar, er habe alle Zeit der Welt für ein InterviewEntsprechend entspannt begrüßt mich Alexander Manek dann auch im „Alten Brauhaus“, einem seiner vier Lokale.

Sie wollten schon mit sieben Jahren Wirt werden. Warum?

Mein Großvater Karl gehörte zum Wirtestammtisch, der sich einmal im Jahr bei ihm zur Weihnachtsfeier traf. Opa Karl hatte bei sich im Hahnwald sogar eine Kegelbahn im Haus. Weil ich auch innerhalb der Familie schon öfters den Kellner gemacht hatte, war ich auch an jenem Abend engagiert. Und bekamm unglaublich viel Trinkgeld.

Die Gäste dort kannten das Metier.

Ja, und die fuhren alle mit schwarzen Mercedes-Limousinen vor. Tiefenentspannte Typen waren das, die einige Jahre auf dem Buckel und in Köln schon einiges bewegt hatten. Ich wollte einer von denen werden.

Und der Wunsch, Wirt zu werden, blieb lebendig?

Ja, immer. Nachdem mein Opa das Unkelbach ab 1963 verpachtet hatte, ging es mit dem Lokal steil den Bach runter. Ich habe ihm trotzdem immer gesagt, dass ich´s mal übernehmen möchte, wenn ich groß bin.

Offenbar hat er an Sie geglaubt.

Als ich 16 wurde, gab es mit Marcel Herzet jemanden, der den Laden in ein kölsches Brauhaus umwandeln wollte. Mein Opa machte mit ihm einen Vertrag über zehn Jahre. Und mir trug er auf, in dieser Zeitspanne gefälligst alles zu lernen, was man für die Führung eines solchen Hauses braucht.

Sie kennen den einschlägigen Spruch: „Wer nix wird, wird Wirt.“ Warum ist der falsch?

Ein Fehler mancher Wirte ist es, mit den Gästen zu viel mitzutrinken. Viele werden natürlich gerne vom Wirt und seinen Mitarbeitern unterhalten, jedoch sollte das auch ohne übermässigen Alkoholkonsum möglich sein. Alle erfolgreichen Gastronomen müssen auch was in der Birne haben. Die meisten Menschen stellen sich den Job viel zu einfach vor.

Ein Wirt ist etwas anderes als ein Kellner.

Genau, bei uns geht es nicht nur ums Zapfen, wir verdienen unser Geld nicht hinterm Tresen, sondern am Schreibtisch.

Wirt - Wirtschaft - Betriebswirtschaft?

Ja, diese Reihe macht sicher Sinn.

Mit dem Unkelbach, dem Steakhaus Die Fleischerei und dem Alten Brauhaus auf der Severinstraße sind Sie inzwischen ein echter Großgastronom.

(lacht) Na ja, geht so. So einen Riesenladen wie das Gaffel am Dom würde ich aber eher nicht übernehmen, das wäre mir viel zu unpersönlich.

Sie haben auch 50 % Anteile an der Tant auf der Cäcilienstraße. Wie soll das weitergehen?

Ich denke, es reicht jetzt. Mein Großvater hat immer gesagt: „Wenn du einen Laden hast, wirst du in einem beschissen. Wenn du zwei hast, in zweien.“

Von wem wird man beschissen?

Wenn man nicht aufpasst, von allen.

Das Unkelbach ist ein Traditionslokal. Was ist dort aber wirklich alt?

Nach dem Krieg war das ein gehobenes Speiserestaurant. Vorn das Restaurant war weiß eingedeckt, und die Kellner trugen Smoking mit Fliege. Hinten in der Braustube ging es hingegen deftig-kölsch zu, da waren die Tische blank und die Kellner Köbesse. Und diese Braustube existiert auch bis heute unverändert.

Zur Traditionspflege gehört bei Ihnen, dass man auch draußen 0,2-Gläser bekommt.

Stimmt, mir ist schon 0,3 zuviel. Das wird schal, und viele Biergärten hauen draußen auch noch was auf den Preis drauf.

In Bayern trinkt man Litermaße, ohne das übertrieben zu finden.

Und deshalb vertragen die auch unser Kölsch nicht. Die lachen über unsere „Reagenzgläser“, aber nach 20 davon liegen sie am Boden.

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Ein 0,2er ist in Köln ein Großes. Wie sieht es mit Stößchen aus.

Meine Oma trank ausschließlich Stösschen. Aber 0,1-Gläser haben wir nicht, vielleicht kommt das noch. Wir behelfen uns bei so einem Wunsch mit hochgezapften normalen Gläsern. Im übrigen ist es in Köln ja auch traditionell so, dass ein Stösschen das selbe kostet wie ein 0,2er.

Was trinken Sie persönlich außer Kölsch?

Cola light und Milch.

In vielen Brauhäusern sind die Köbesse noch angehalten, bei solchen Bestellungen möglichst ruppig zu antworten.

Das ist eine Tradition, von der ich gar nichts halte. Vielleicht funktioniert so etwas noch in der Altstadt, aber nicht in solchen Nachbarschaftslokalen wie dem Unkelbach. Ich habe auch viele Köbessinen eingestellt, die sind sowieso nicht so drauf.

Tradition und Umgangsstil können sich manchmal beißen.

Ja, wobei es immer auf die Art ankommt, wie man so etwas bringt. Gegen einen charmant vorgetragenen flapsigen Spruch ist natürlich nichts zu sagen.

Sie haben auch selbst als Köbes gearbeitet.

Das war, bevor ich das Unkelbach übernahm. Ich war 26 und wollte den Mitarbeitern zeigen, dass ich den Laden nicht einfach nur als Enkel vom alten Unkelbach hinten reingeschoben bekommen habe.

Hat das funktioniert?

Die gestandenen Köbesse, echte Haudegen zum Teil, dachten sich, den Futzemann machen wir jetzt mal parat. Aber ich war ja dank meiner Jahre im Hotel auch nicht ganz unerfahren in diesem Bereich.

Sie haben im Hyatt Hotelkaufmann gelernt. Was hat das für Ihren heutigen Job gebracht?

Nur ein Beispiel: Im Unkelbach gab es, als ich das übernahm, ausschließlich Filterkaffee. Da habe ich natürlich sofort eine kleine Espresso-Maschine installiert. Die Leute merkten, dass es nun auch im Brauhaus vernünftigen Kaffee gab, und schon bald mussten wir uns ein größeres Teil anschaffen.

Bekommt man bei Ihnen ein Glas Wasser zum Espresso?

(lacht) Nein, das wäre dann wohl die Steigerung zum Fünf-Sterne-Brauhaus.

Auf diesem Weg versuchen die Brauereien zunehmend, jeder Übernahme ihren Namen aufzudrücken. Reissdorf im X, Gaffel im Y und so weiter. Nervt Sie das auch?

Im Unkelbach hat das angefangen. Aber als ich im Jahr 2000 übernahm, haben wir das „Reissdorf im“ schnell wieder durch „Haus Unkelbach“ ersetzt. Wir können uns das leisten, wir sind Brauerei-unabhängig. Wo das nicht so ist, haben die Brauereien wegen ihres finanziellen Engagements eben auch ein Mitspracherecht beim Namen.

Könnten Sie Ihre Kölschmarke einfach wechseln?

Wir bekommen viele zum Teil tolle Angebote. Aber wir bleiben Reissdorf treu, denn die sind in Ordnung. Sehr konservativ, aber in Ordnung.

Vom Kölsch zum Sangria: Sie gelten als bekennender Mallorca-Fan.

Was mir dort gefällt: Du kannst in Arenal Halligalli ohne Ende haben, aber zehn Minuten später liegst du am schönsten Strand und hast deine Ruhe.

Stehen Sie auf Plörre aus Eimern?

Nein, das mag mit 16 so gewesen sein. Aber wir gehen auch heute nochmal gern einen Abend in den Bierkönig. Allein schon, um die Logistik dort zu beobachten. Die hauen da tagtäglich soviel Bier raus wie wir an Weiberfastnacht.

Sie wollen also mir und unseren Lesern weismachen, dass Sie den Bierkönig zu wirtschafts-wissenschaftlichen Studienzwecken aufsuchen?

Genau, und um die nächste Karnevalsmusik zu hören! (lacht)


Wer diese Kolumne zukünftig jeden Mittwoch zugeschickt bekommen möchte, schreibe eine Mail an thekentaenzer@netcologne.de, Stichwort: Die Köln-Kolumne.

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