Mittwoch, 24. Oktober 2012

Geschichten aus 1111 Nächten (28)

Der Dieb vom Stavenhof

Der rotnasige Anton war gerade von einer bitteren Zechtour heimgekehrt, als er auf der anderen Seite des engen Stavenhofs einen Einbrecher erspähte. Also ging er noch einmal runter zur Tür und fragte den Düstermann: „Was machst du da, Mensch?“
Der Dieb erstarrte, berappelte sich jedoch flugs: „Du meinst mich? Ich spiele Trömmelche.“
Anton, ohnehin schwer von Begriff und durch den Alkohol zudem arg angeschlagen, fragte noch einmal: „Wie meinst du das: Du spielst Trömmelche?“
„Nun ja“, anwortete der Dieb, „es ist, wie ich sage: Ich spiele Trömmelche.“
„Aber ich sehe keine Trommel“, erwiderte Anton, „und ich höre auch nichts.“
„Du hörst deshalb nichts, weil das ein ganz besonderes Trömmelche ist. Ich spiele es jetzt, und du hörst es erst morgen früh.“
Dem Anton war dies zuviel. Er legte sich schlafen, und der Dieb raubte dieweil die Wohnung seines Nachbarn Jean aus. Am nächsten Tag jedoch machte sich Anton auf den Weg zum Heiligen Willy, erzählte ihm die Geschichte und fragte, was er in solch einer kniffligen Situation zukünftig tun solle. Willy fasste sich an den Kopf und wollte es nicht wahrhaben. Dann nahm er einen tiefen Schluck aus seinem himmlisch bodenlosen Flachmann und antwortete:
„Das nächste Mal, wenn dieser Dieb erscheint, ziehst du dich nackig aus und tanzt zu seinem Trömmelchen. Egal ob du es hörst oder nicht.“
Auch in der folgenden Nacht war Anton wieder lange unterwegs. Und kaum langte er zuhause an, sah er auch schon den Dieb im fahlen Laternenlicht. Ohne auch nur einen Moment zu zögern entledigte er sich seiner sämtlichen Kleider, wankte auf die Straße und tanzte im Adamskostüm den Trömmelchentanz. Der Dieb, von Panik ergriffen, entschwand und ward nie mehr gesehen.

Tanzen macht müde

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