Mittwoch, 22. Januar 2014

Geschichten aus 1111 Nächten (48)

Die halbe Decke

Ein verbitterter Düsseldorfer lebte mit seinem Vater, seiner Frau und dem gemeinsamen Säugling in einer erbärmlichen, zugigen Hütte. Der alte Vater war fast taub, halb blind und zu nichts mehr nutze. Den ganzen Tag saß er neben dem Ofen oder draußen auf der Bank und schmauchte seine Pfeife. Deshalb beschloss der Düsseldorfer eines besonders tristen Tages, den Greis aus dem Haus zu jagen.
Seine Frau versuchte, ihn milde zu stimmen, doch vergeblich.
„Dann gib ihm wenigstens eine Decke mit“, flehte sie.
„Nein“, sagte der Düsseldorfer, „ich gebe ihm nur die halbe Decke.“
Die Frau weinte und bettelte vor Mitleid, bis er schließlich einlenkte und dem Alten die ganze Decke reichen wollte. In diesem Moment jedoch vernahm man den Säugling aus seiner Wiege:
„Nein! Gib ihm nicht die ganze, sondern nur die halbe Decke!“
„Warum das?“ fragte der verblüffte Vater.
„Weil“, anwortete der Kleine, „ich die andere Hälfte brauche, wenn ich eines Tages dich aus dem Haus jage.“

„Nein!“ flehte die Frau

Wer diese Kolumne zukünftig jeden Mittwoch zugeschickt bekommen möchte, schreibe eine Mail an thekentaenzer@netcologne.de, Stichwort: Die Köln-Kolumne.

Keine Kommentare: