Mittwoch, 15. Januar 2014

Interviews (21)

Heute: Der Mann für die englischen Oldtimer

Alfred „Freddy“ Hempt wurde 1960 in Reutlingen geboren und kam 1980 nach Köln. Damals besaß er bereits seinen ersten Mini, seine Leidenschaft für englische Autos von Mini bis Jaguar ist bis heute ungebrochen. Nach einer Ausbildung zum Maschinenbauer ging er für zahlreiche Autohersteller auf Auslandsmontagen. Anfang der 1990er eröffnete er seine erste eigene Werkstatt - „mit allen Aufs und Abs“, wie er sagt. 2005 schloss er sein Studium als Maschinenbauer ab. Ebenfalls seit jenem Jahr findet man seine Oldtimer-Werkstatt British Motors Cologne in Ehrenfeld, wo er auch wohnt.
In der Werkstatt wird geflext, ein Büro gibt es bisher nicht. So wird dies mein erstes Interview, das ich draußen, im Stehen und über ein Oldtimer-Dach hinweg führe.

Was ist an alten Motoren besser als an neuen?

Die Langlebigkeit. Alte Motoren kannst du immer und immer wieder überholen. Die waren für die Ewigkeit gebaut, während heutige eine beschränkte Lebenszeit haben.

Kaputt ist kaputt?

Heutige Autos werden daraufhin gebaut, dass sie zu einem bestimmten Zeitpunkt durch sind. Und den kennen die Konstrukteure ziemlich genau.

Was ist Ihre Meinung zur Fahrzeug-Elektronik?

Aufwendig, teuer, absolut nicht ausgereift und höchst kompliziert. Selbst für eine Fachwerkstatt.

Steht ein Mechatroniker fachlich über dem Mechaniker?

Nee, es ist eher andersherum. Mir ist der solide Mechaniker lieber. Und hier bei mir arbeiten sowieso vor allem Maschinenbauer. Denn Maschinenbau ist die Grundlage für unsere Arbeit.


Alte Tanke, Eisenach

Früher sprach man von englischer, deutscher, italienischer Bauweise. Gab es tatsächlich nationale Unterschiede?

Ja. Englische Konstrukteure verfolgten zum Beispiel sehr simple und zugleich wunderbar effektive Konzepte. Ich könnte Ihnen jetzt etwas über Achsaufnahmen und Achsgeometrie erzählen. Aber das würde wohl zu weit führen. Oder denken Sie an die Hydrogas-Federung der Franzosen.

Habe ich natürlich noch nie etwas von gehört.

Den Citroen DS konnte man hydraulisch hoch und runter fahren, so brauchte der keine Stoßdämpfer.

Wodurch zeichnen sich deutsche Oldtimer aus?

Vor allem in der ummittelbaren Nachkriegszeit waren diese Autos unverwüstlich konstruiert. Das fing bei den Blechstärken an und hörte beim Getriebe auf.

Haben Sie als Kind schon an Ihrem Kettcar rumgeschraubt?

(lacht) Nein, aber als Sechsjähriger an Fahrrädern. Ich wollte nicht nur fahren, sondern auch verbessern. Mir ging es immer darum, aus drei schlechten Rädern ein vernünftiges zu machen.

Stehen Sie lieber ölverschmiert unterm Motorblock oder mit dem Wattebausch an der Karosserie?

Beides zur richtigen Zeit! In so einem Betrieb wie meinem muss man Allrounder sein, und man braucht ein gutes Fingerspitzengefühl. Jeder Oldtimer ist anders.

Wie begann das mit dem Fingerspitzengefühl?

Ich wusste schon als Jugendlicher, dass ich mal einen Mini haben wollte. Ende der 70er war die Ersatzteilversorgung noch eine komplette Katastrophe. Also musste man selber Hand anlegen, wenn man dieses Vehikel wirklich fahren und nicht nur ansehen wollte.

Warum englische Autos, warum der Mini?

Der Mini ist klein, wendig und super für die Stadt.

Dann könnten Sie sich auch einen Smart holen.

Tja, aber der Mini ist ein Kultauto, und mit diesen modernen Dingern hab´ ich´s halt nicht. Außerdem, wie gesagt: Einen Mini wie meinen, aus den 60ern, muss man nie wegschmeißen.

Warum geistern beim Mini eigentlich noch die Namen Austin und Morris Minor herum?

Das ist sehr kompliziert und hängt mit der verwickelten englischen Autoindustrie zusammen. Kurz gesagt: Austin und Morris waren mal eigene Marken und kamen dann mit weiteren unter das Dach von British Leyland. Die Engländer nennen das Auto aber wie wir normalerweise „Mini“.

Die Kleinwagen der Nachkriegszeit hießen Käfer, Ente, R4 und Mini. Inwiefern stach der Mini heraus?

Der Käfer hat einen genial konstruierten luftgekühlten Motor. Aber der Mini war das erste Auto mit quer zur Fahrtrichtung eingebautem Motor und darunterliegendem Getriebe. Eine großartige Idee, die dann von VW, Audi und vielen anderen übernommen wurde.

Beim R4 gefiel mir immer die berühmte Pistolenschaltung.

Auch klasse, macht Spaß. Hat sich aber leider nicht durchgesetzt.


Alte Garagen, Rostock

Die Deutschen fahren Minis, die Engländer lieben alte VW-Bullis. Regiert bei Ihren Oldtimer-Kunden auch die Lust am Fremden?

Da muss man die Generationen unterscheiden. Der ältere Fahrer hat seit Urzeiten seinen deutschen Oldtimer. Der jüngere sagt sich: Ich habe keinen Bock mehr auf die modernen Einheitsautos, ich will was ganz anderes. Zum Beispiel einen alten Engländer.

Draußen vorm Tor, in der Werkstatt verstreut und in den meterhohen Regalen stehen englische Minis, MGs und Jaguars. Beinahe könnte man diese Halle für ein Museum halten. Wären da nicht die Geräusche der Werkzeuge und der satte Geruch von Motoröl.

Ford sitzt in Niehl, Toyota in Marsdorf, und in Deutz werden Motoren gebaut. Hat Ehrenfeld, also Ihr Heimatveedel, auch eine Autogeschichte?

Oh ja, soweit ich weiß, hat Ford in einer Halle der Helioswerke seine Cabrios gebaut. Aber da müsste man mal genauer nachforschen.

Sie kommen aus dem schwäbischen Reutlingen. Was hat Sie Anfang der 80er nach Köln verschlagen?

Nach meinem Gesellenjahr habe ich Bewerbungen für eine weiterführende Ausbildung zum Techniker geschrieben und bekam die erste Zusage aus Köln.

Haben Sie das später bereut?

Nein. Ich gehe auch nie mehr zurück. (lacht) Köln ist klasse, die Leute hier sind einfach locker drauf.

Hat Köln eine lebhafte Oldtimer-Szene?

Ja, schon. Aber meine Kunden kommen aus ganz NRW, das muss man also weiter fassen. Da spielt auch der Nürburgring mit seinen regelmäßigen Oldtimer-Rennen eine wichtige Rolle.

Oldtimer muss man sich leisten können, stimmt´s?

Nein. So ein kleiner Mini oder Roadster ist bezahlbar -und liegt auch voll im Trend der 20-30-Jährigen, die hier zu mir kommen.

Es sind also nicht nur die Oberschichtler, die sich einen 1960er-MG als Viertwagen anschaffen?

Überhaupt nicht, Oldtimerfreunde können aus jeder Ecke kommen. Aber ich stelle fest: Menschen, die englische Oldtimer fahren, sind durchweg ruhige, sehr gelassene Typen.

Und wer von denen hat Sie zu Ihrer schönsten Restauration motiviert?

Anfang der 90er hatte ich mal ein Pärchen hier, das seinen Mini für einen bestimmten Anlass unglaublich aufpeppte. Der wurde unter anderem auf Cabrio umgebaut, und das Emblem auf der Motorhaube wurde aus Massivgold gefräst. Und danach mattiert, das sah nicht kitschig, sondern richtig edel aus.

Wenn Geld keine Rolle spielte: Welches Auto hätten Sie gern?

Sagen wir mal so: Ich würde natürlich auch gern einen Jaguar E fahren. Aber mit so einem Auto hast du ein Problem: Du kannst es nirgendwo stehen lassen.




Wer diese Kolumne zukünftig jeden Mittwoch zugeschickt bekommen möchte, schreibe eine Mail an thekentaenzer@netcologne.de, Stichwort: Die Köln-Kolumne.

Keine Kommentare: