Mittwoch, 22. Juni 2016

Coloniales (61)

Diebesbanden: Früher kamen sie aus Düsseldorf

Anfang des 18. Jahrhunderts war die Lepra so gut wie ausgerottet. Es gab allerdings Menschen, die ein kriminelles Interesse am Fortbestand der Krankheit hatten. Zu ihnen zählte die „Große Siechenbande“ aus Ratingen bei Düsseldorf. Ausgestattet mit ergaunerten Lepra-Schaubriefen (einer amtlichen Beglaubigung der Krankheit) sowie der charakteristischen Leprosentracht (Siechenmantel und Siechenklappern), führte der kopfstarke Familienclan ein Leben im Verborgenen.
Insgesamt vier Leprosorien gab es vor den Toren der Stadt. Das größte von ihnen – vor jenen in Riehl, Rodenkirchen und am Judenbüchel (Südstadt) – war das von Melaten. Urkundlich belegt ist es seit Ende des 12. Jahrhunderts. Mobs wie die Siechenbande versteckten sich hier gern, zumal diese Orte von der Bevölkerung weiträumig gemieden wurden. Eines Tages im Jahre 1712 jedoch flogen die Räuber auf: Einige beim Obstdiebstahl ertappte Kinder prahlten, anstatt sich reuig zu zeigen, mit den Verbrechen ihrer Eltern und Großeltern. Zahllose Verstecke mit Kleider- und Knochenresten wurden ausgehoben. Im darauf folgenden Prozess wies man der Sippe insgesamt 18 Raubmorde und Mordversuche nach, die meisten Mitglieder wurden hingerichtet.
Auch in Köln interessierte man sich für die Tatsache, dass die Große Siechenbande ihre Lepraerkrankung nur vorgetäuscht hatte. Eine ärztliche Untersuchung in Melaten ergab, dass von den neun Bewohnern lediglich eine Frau leichte Symptome der Krankheit aufwies. Wie in den Herzogtümern Jülich und Berg (wozu Düsseldorf gehörte) wurden daraufhin auch die Kölner Stationen für immer geschlossen.

Das Leprosenmännchen an der Mauer von Melaten, Aachener Straße


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