Geschichten aus 1111 Nächten (65)
Ein Kölsch, ein Korn
Die Taschen des armen Tünnes waren so leer wie ein Freibad im Winter. Also besann er sich auf seine alten Vagantentage, betrat ein fremdes Brauhaus und bestellte sich ein Gedeck aus Kölsch und Korn.
„Wo kommt Ihr her, guter Mann?“ fragte der Wirt.
„Ich bin ein Wandergesell“, anwortete Anton, „und habe die ganze Welt gesehen.“
„Oh, wie beneidenswert. Und was habt Ihr getrieben in der Welt?“
„Schabernack, wie du ihn dir nicht einmal vorstellen kannst, du Zapfnase.“
Der Wirt war neugierig geworden und forderte den Tünnes auf, ihm einen seiner Tricks zu verraten.
„Ich kann zum Beispiel höher springen als deine Kneipe hier“, behauptete Tünnes dreist.
„Wenn Euch das gelingt, sollt Ihr den ganzen weiteren Tag frei trinken dürfen.“
„Eine Woche“, forderte der Tünnes.
„Na gut“, antwortete der Wirt, „aber wenn Ihr verliert, schrubbt Ihr die Klos.“
Die gesamte Kneipe versammelte sich vor der Tür, ungläubiges Raunen ging durch die Reihen. Anton aber stelle sich in die Mitte des ihm bereiteten Kreises und sprang. Etwa eine Elle hoch.
Gelächter brandete auf, und der Wirt sprach: „Ich hole schonmal den Aufnehmer, diese Wette habt Ihr verloren.“
„Keineswegs“, sagte Anton mit Ruhe, „denn nun will ich sehen, wie hoch dein Haus springt.“
Der Wirt staunte für einen langen Moment. Dann ging ein Grinsen über sein Gesicht, denn auch er war ein Freund der findigen Sprache. Und Anton orderte: „Ein Kölsch, einen Korn, bitte.“
Obstler oder Gin tun´s natürlich auch
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