Donnerstag, 19. November 2015

Kölner Interviews (41): Matthias Welpmann, Vorsitzender der Köln-Cork-Gesellschaft

Matthias Welpmann wurde 1969 in Osnabrück geboren und wuchs in Dortmund auf. Nach seinem Geografie- Studium in Bonn zog er 1998 nach Köln. Seit 2003 promoviert, arbeitete er ab 2008 als Umweltmanager in der kommunalen Stadtentwicklungsgesellschaft von Leverkusen. Ein Jahr später zog der Umweltexperte für die Grünen in den Kölner Rat ein. 2015 schließlich wurde er nicht nur zum Umweltdezernenten der Stadt Neuss gewählt, sondern zudem zum Vorsitzenden des Vereines zur Förderung der Städtepartnerschaft Köln-Cork.
Matthias Welpmann lebt mit seiner Frau in Ehrenfeld.

Bilder der Köln-Cork-Website zeigen ihn als irischen „Boy in green“. Heute jedoch trägt Matthias Welpmann Anzug und Krawatte. Schließlich kommt er gerade von seiner neuen Arbeitsstelle als Neusser Umweltdezernent.

Die Schwerpunkte Ihres Geografiestudiums waren Ökologie und Umweltforschung. Was haben Sie erforscht?

Es ging vor allem um Hochgebirgsforschung in den Alpen.

Tod der Alpenveilchen? Die Erosion des Matterhorns?

Wir haben eine morphologische Karte erstellt, eine grafische Darstellung von Reliefs bzw. Oberflächenformen. In den Bergen ist das übrigens eine recht anstrengende Arbeit. Ich habe zwei Monate in einem Wohnwagen gehaust und täglich hunderte Höhenmeter bewältigt.

Und was haben Sie herausgefunden?

Uns ging es vor allem um Naturgefahren. Früher wurden die Dörfer dort gebaut, wo Steinschlag oder Schneelawinen am unwahrscheinlichsten waren.

Weil unsere Vorfahren nicht ganz dumm waren.

Heute jedoch werden Häuser in die Fläche gebaut, die dann mit hohem technischen Aufwand gesichert werden müssen.

Die Berge in Irland sind nicht ganz so hoch. Wann waren Sie zum ersten Mal dort?

Das ist noch gar nicht so lange her, 2012 war das. Irland wollte ich schon immer mal kennenlernen. Und als in der Kölner Grünen-Fraktion die Partnerstädte aufgeteilt wurden, habe ich mich für Cork entschieden.

Irischer Berg


Was waren Ihre Eindrücke?

Mein erster Besuch führte ausschließlich nach Cork. Ich finde die Stadt sehr vital, sehr bunt, auch in sozialer Hinsicht sehr vielfältig.

Fanden Sie Cork „irisch“?

Je häufiger ich mir die Frage stelle, desto weniger kann ich sie beantworten. Aber gut: Beinahe jede Familie hat ihre Auswanderer, manchmal leben sämtliche Kinder irgendwo im Ausland. Das gibt es so in Deutschland nicht.

Cork kommt vom keltischen Wort für Sumpf, genau wie der Kölner Chorbusch bei Chorweiler. Gibt es weitere Parallelen zwischen Cork und Köln?

Nun ja, beide Städte liegen an einem Fluss, der die Innenstadt prägt. Handel und Industrie spielten immer eine wichtige Rolle. In Cork gab es sogar mal ein Fordwerk.

Und die Menschen?

Cork empfindet sich als die eigentliche Hauptstadt Irlands, die „Rebell City“. Das ist nur halbironisch gemeint, genau wie die Corker Eigenart, sich für die Größten zu halten. Den Kölnern ist das ja auch nicht ganz fremd.

Bevor Sie 1998 in Köln landeten, waren Sie sieben Jahre Bonner.

Bonn wurde mir mit den Jahren einfach zu piefig. Alles zu eng dort, und erst recht die Studentenszene. Meiner Meinung nach gibt es in Bonn keine einzige gute Kneipe. (lacht) Als ich dann einen Job in Bergheim bekam, war ich froh, nach Köln ziehen zu können.

Und nun sind Sie sogar Vorsitzender des Köln-Cork-Vereins. Wie laufen die Besuche in der Partnerstadt ab? Erst Hunderennen, dann Pub?

Ganz falsch ist das nicht. Zunächst mal werden wir immer im Rathaus offiziell empfangen, mit allem Brimborium. Beim letzten Mal hat uns dann ein Ratsmitglied auf eine Stadtführung begleitet. Der Mann war Historiker und die Einblicke sehr interessant.

Wer bezahlt diese Touren?

Das haben die Teilnehmer selbst bezahlt.

Wenn Sie eine Million für den Club hätten: Was würden Sie damit anfangen?

Ich möchte gern so viele Begegnungen wie möglich realisieren. Mit mehr Geld könnten wir uns breiter aufstellen, mehr Mitglieder aquirieren und für einen regeren Austausch sorgen. Das größte Problem sind eigentlich die Corker, deren Besuche in Köln sich doch sehr in Grenzen halten.

Mein Eindruck: Sowohl der kulturelle als auch der sportliche Austausch zwischen Köln und Cork ist sehr bescheiden.

Unser Verein existiert zwar schon seit 1989, er wurde ein Jahr nach der Städtepartnerschaft gegründet. Aber wir haben bislang nur 30 Mitglieder, da kann man nicht viel auf die Beine stellen. Manches hingegen läuft von selbst, zum Beispiel die Chor-Partnerschaft zwischen dem Corker Fleischmann Choir und dem Philharmonischen Chor Köln.

Drei Entweder - Oder-Fragen: Guinness oder Murphys?

Murphy´s, weil es aus Cork kommt.

In Irland: Irisches Frühstück samt Speck, Würstchen und Black Pudding oder kontinentales Müsli?

Irisches Frühstück.

Höhner oder Pogues?

Pogues.

Und als Umweltexperte sagen Sie gern: Kraneburger ist besser als Mineralwasser aus der Flasche?

Richtig. Es gibt in Deutschland nichts qualitativ Hochwertigeres zu trinken als Leitungswasser. Mineralwasserflaschen sind überflüssig wie ein Kropf. Das ist auch eines meiner Themen als frisch gewählter Umweltdezernent in Neuss.

In Irland gibt es klares Wasser, aber kaum Bäume.

Das hängt zum einen mit der langen Besatzung durch die Engländer zusammen. Irlands Wälder gingen für die englische Flotte drauf. Und was stehen blieb, wurde zum Verfeuern abgeholzt.

Wie gefällt Ihnen der Kölner Wald?

Oh, dazu kann man viel erzählen! Der Nüssenberger Busch in Ossendorf ist der einzige linksrheinische, noch wirklich naturbelassene Wald. Alles andere ist nicht Wald, sondern Forst.

Der Kölner an sich ist stolz darauf, in der angeblich grünsten Stadt Deutschlands zu wohnen. Stichwort Grüngürtel, der die Stadt komplett umfasst.

Der Grüngürtel ist eine tolle Sache. Und die Wahner Heide auf der rechten Rheinseite ist ein ökologisches Revier auf europäischem Spitzenniveau, das kriegen die Kölner gar nicht so richtig mit.

Sobald der Mensch eingreift, in Person eines Försters zum Beispiel, sprechen Sie jedoch nicht mehr von Wald?

Nein, denn ein Wald kann immer nur aus sich selber entstehen. Alles andere sind dann Gruppen von Bäumen, menschengemachte Parkanlagen. Auch wenn die Förster versuchen, etwas anderes zu erzählen.

Als Ehrenfelder wohnen Sie nicht gerade im Grünen.

Stimmt, aber das ist ein spannender Stadtteil, in dem man gut leben kann. Im Moment droht allerdings so eine Art Hipness-Kollaps.

Sie reden von der um sich greifenden Gentrifizierung Ehrenfelds?

Alles muss plötzlich hip und funky sein, in der Eisdiele fällt man auf, wenn man keinen Vollbart trägt. Unser Mietshaus in der Stammstraße steht exemplarisch für diese Entwicklung: In der Nachkriegszeit war im Parterre ein bekanntestes Tanzlokal, in den 1980ern dann eine schäbige Videothek. Die wurde abgelöst vom Kölner Künstler Theater ...

... und jetzt ist ein Sushi-Laden eingezogen?

... nein, aber ein Yoga-Studio, wo irgendwelche veganen Hansel Turnübungen machen. (lacht)




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